Eine Leseprobe finden Sie unter https: verlag.sandstein.de reader 98-799_JahrhundertzeuginErst
nach dem Ende des Ersten Weltkriegs öffnete sich die Dresdner Kunstakademie auch für weibliche
Studierende. Die damals 19-jährige Irena Rabinowicz gehörte zu den drei ersten Frauen die sich
1919 zum Studium einschrieben. Ihre Kommilitonen waren zumeist aus den Schützengräben des
Weltkriegs zurückgekehrt und knüpften nun mit abgeklärter Weltsicht an ihre Vorkriegsstudien
an. In diesem Umfeld behauptete sich die junge Künstlerin. Sie experimentierte mit
expressionistischen und neusachlichen Ausdrucksformen vertiefte ihr Interesse für die
Bildnismalerei kopierte Altmeistergemälde und machte sich mit ihren einfühlsamen Porträts
schon bald einen Namen im Dresdner Kunstbetrieb.Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten
1933 fand diese vielversprechende Entwicklung ein jähes Ende. Als Jüdin waren ihre
künstlerischen Wirkungsmöglichkeiten radikal eingeschränkt. Der Status ihrer sogenannten
»Mischehe« mit einem Nichtjuden gewährte ihr zwar eine gewisse Sicherheit schützte sie jedoch
nicht vor dem Einsatz zur Zwangsarbeit. Ein Versuch der Emigration in die USA scheiterte 1939
am Kriegsbeginn. Der Deportation entkam die Künstlerin 1945 nur durch die Bombardierung
Dresdens am 13. Februar.In der Nachkriegszeit fand sie schnell Anschluss an die sich neu
formierenden Künstlerkreise. Ihre bis Anfang der 1970er Jahre geschaffenen Porträts von Kunst-
Musik- und Literaturschaffenden Forschenden sowie Politikern bilden einen interessanten
Querschnitt durch die Dresdner Gesellschaft