Im Namen des deutschen Volkes richtete er mit dem Fallbeil über 3.000 Männer und Frauen. Zu
seinen Todeskandidaten gehörten Mörder und Widerstandskämpfer die Wiener Giftmischerin Martha
Marek ebenso wie die 21-jährige Studentin Sophie Scholl. Auf Befehl der amerikanischen
Militärregierung henkte er 156 Nazigrößen am Galgen darunter Oswald Pohl Chef des
SS-Wirtschaftshauptamtes. Zuletzt stand er selbst vor Gericht: Johann Reichhart
(West-)Deutschlands letzter Scharfrichter und während der NS-Zeit Scharfrichter in ganz Süd-
und Mitteldeutschland sowie in Österreich und Böhmen. Nach seiner Entlassung aus dem
Arbeitslager lebte er seit 1949 versteckt in Oberbayern. Er starb 1972 in einem Pflegeheim bei
München. Aus zugänglichem Aktenmaterial des Bayerischen Hauptstaatsarchivs und des
Bundesarchivs sowie zahlreichen Berichten von Zeitzeugen enthüllt sich die Lebensgeschichte
eines Mannes der lieber Hundezüchter oder Tanzlehrer geworden wäre dann aber als
Scharfrichter in einer der blutigsten Epochen des 20. Jahrhunderts traurige Berühmtheit
erlangte.