Schostakowitschs Paradoxie ist unvermindert spannend - für das Publikum ebenso wie für die
Wissenschaft. Der dreizehnte Band der Schostakowitsch-Studien bringt 34 Beiträge aus den
Symposien 2019 und 2021 der Deutschen Schostakowitsch-Gesellschaft. Pioniere aus deren ersten
Tagen kommen ebenso zu Wort wie der wissenschaftliche Nachwuchs und Vertreter von
Nachbardisziplinen wie Film- oder Politikwissenschaft. Sie sind vielen verdeckten Hinweisen in
der Musik selbst auf die Spur gekommen. Detailuntersuchungen zur Vierten Sechsten Neunten
Zwölften und Fünfzehnten Sinfonie zur Cellosonate zu den beiden Cellokonzerten zur
Bratschensonate und zum Zyklus der Präludien und Fugen bringen überraschende Einsichten. Sowohl
das politische als auch das kulturelle Umfeld von Schostakowitschs Komponieren werden erhellt
und es wird untersucht wie weit es erlaubt ist Schostakowitschs Werken Inhalte und
Erzählungen zu unterschieben. Häufig wurde der russische Komponist Gegenstand von Filmen und
Romanen oft wird seine Musik im Ballett verwendet - all das schafft neue Legenden. Heutige
Musikfreunde hören Schostakowitschs Musik anders als seine Zeitgenossen denen die klingende
Welt von damals so selbstverständlich war wie dem Komponisten - Fremde Stimmen - eigene Sprache
nannte der Komponist Boris Yoffe seinen Vortrag. Andererseits stehen uns heute neue Noten- und
Manuskriptausgaben zur Verfügung die tiefere Einblicke in die Werkstatt erlauben. All das ist
auch Gegenstand der aktuellen Schostakowitsch-Forschung. Einige englischsprachige Forscher
haben sich in Vierzigjährigen Schostakowitsch-Kriegen verirrt und sich um Worte statt um die
Musik gestritten. Das zeigt wie wichtig eine eigenständige deutschsprachige Forschung bleibt.
Beim Symposium Schostakowitschs Musiksprache - Kompositionstechniken und Narration wurden
spannende Entdeckungen vorgelegt so auf dem Feld der Groteske (Amrei Flechsig) in den
Passacaglia-Sätzen (Wendelin Bitzan) im Spätwerk (Krzysztof Meyer) im Zusammenhang mit den
Werken zu Dolmatowski-Texten (Dorothea Redepenning) bei der Filmmusik (Robert Rabenalt).
Gottfried Eberle entdeckte verblüffende Brücken vom Jugend- zum Spätwerk.