Wie viel Tradition steckt in der Avantgarde? Ist wirklich alles neu von dem behauptet wird es
sei neu? Der literarische Expressionismus (die wichtigste Avantgardebewegung der Klassischen
Moderne) der gemeiniglich als Epoche der »zerbrochenen Formen« galt und gilt nahm das für sich
in Anspruch: Die KünstlerInnen hatten ja umwälzende Erfahrungen (wie etwa den Ersten Weltkrieg)
zu verarbeiten und schufen oft Neues. Doch nicht immer und so finden sich in der Dichtung
zahlreiche Sonette - und damit Gedichte in einer Form aus dem 13. Jahrhundert. Indem ich (dank
umfangreicher Quellen- und Archivstudien) zeigen kann dass es sich um ein dichterisches
Massenphänomen handelt rückt der Expressionismus aber hierdurch in ein anderes Licht sodass
neue Facetten in der Literatur zwischen 1905 und 1925 offenbart werden. Fallstudien zu den
herausragenden Dichtern des Frühexpressionismus (Georg Heym und Georg Trakl) der Zeit des
Ersten Weltkriegs (Max Herrmann-Neisse und Paul Zech) sowie der jungen Weimarer Republik (Anton
Schnack und Walter Rheiner) vertiefen diesen Befund. Zudem ist die Arbeit intermedial (Musik
und Bildende Kunst) wie komparatistisch (das Sonett als europäische Gedichtform) sehr
anschlussfähig und ermöglicht durch einen umfangreichen Quellenanhang zugleich weitere
literaturwissenschaftliche Studien.