Die Sprache ist wie jedes Erzeugnis menschlicher Kultur ein Gegenstand der geschichtlichen
Betrachtung aber wie jedem Zweige der Geschichtswissenschaft so muss auch der Sprachgeschichte
eine Wissenschaft zur Seite stehen welche sich mit den allgemeinen Lebensbedingungen des
geschichtlich sich entwickelnden Objektes beschäftigt welche die in allem Wechsel gleichmässig
vorhandenen Faktoren nach ihrer Natur und Wirksamkeit untersucht. Es fehlt für diese
Wissenschaft eine allgemein gültige und passende Bezeichnung. Unter Sprachphilosophie versteht
man in der Regel doch etwas anderes. Und ausserdem dürfte es vielleicht aus einem Grunde
geraten sein diesen Ausdruck lieber zu vermeiden. Unser unphilosophisches Zeitalter wittert
darunter leicht metaphysische Spekulationen von denen die historische Sprachforschung keine
Notiz zu nehmen brauche. In Wahrheit aber ist das was wir im Sinne haben nicht mehr und nicht
minder Philosophie als etwa die Physik oder die Physiologie. Am allerwenigsten darf man diesem
allgemeinen Teile der Sprachwissenschaft den historischen als den empirischen gegenüberstellen.
Der eine ist gerade so empirisch wie der andere. Der Verlag der Wissenschaften verlegt
historische Literatur bekannter und unbekannter wissenschaftlicher Autoren. Dem interessierten
Leser werden so teilweise längst nicht mehr verlegte Werke wieder zugängig gemacht. Dieses Buch
über die Prinzipien der Sprachgeschichte ist ein unveränderter Nachdruck der Originalausgabe
von 1898.