Die moderne Literatur über den antiken Prosarhythmus trägt einen man möchte fast sagen naiven
Charakter. Denn jeder weiß daß metrische Prosa von nicht metrischer abweicht und daß die
Eigentümlichkeiten der metrischen Texte eben dort liegen wo sie von nicht metrischen Texten
abweichen. Darüber können sich wohl alle Untersucher einigen. Und die Untersuchungsmethode
ergibt sich daraus von selbst: Vergleichung von metrischen mit nicht metrischen Texten. Denn
auch das wird man kaum bestreiten können: die große Häufigkeit einer Form bedeutet nur dann
wenn diese Form in nicht metrischen Texten weniger häufig ist daß die Form gesucht wurde. Das
Verständnis des antiken Prosarhythmus im allgemeinen und der Prosametrik im besondern
besonders in ihrer historischen Entwicklung ist die unerläßliche Vorbedingung für das
Verständnis der antiken Literatur überhaupt. Es ist ausgeschlossen daß es jemandem gelänge zu
einer richtigen ästhetischen Würdigung der antiken Kunstprosa zu kommen ohne die rhythmischen
Elemente dieser Prosa zu verstehen. Ebensowenig könnte das bei Homer oder Vergil der Fall sein.
Kein Kunstmittel der Rede ist in dem Maße im Altertum selbst Gegenstand ausführlicher
Erörterung und lebhafter Polemik gewesen keines hat den Gegensatz zwischen Strömungen Schulen
und Perioden schärfer bezeichnen können. [...] Dieses Buch über den antiken Prosarhythmus ist
ein Nachdruck der längst vergriffenen Originalausgabe von 1921. Der Verlag der Wissenschaften
verlegt historische Literatur bekannter und unbekannter wissenschaftlicher Autoren. Dem
interessierten Leser werden so teilweise längst nicht mehr verlegte Werke wieder zugängig
gemacht.