Während sich Leserschaft und Kritik immer noch an Brechts vollendeten Werken orientieren ist
aus der Perspektive des Archivs von seiner schriftstellerischen Arbeit kaum etwas fertig. Auch
die Brechtforschung hat sich bisher unzureichend mit dem Unfertigen beschäftigt und
unterscheidet oft scharf zwischen dem ganzen Stück und dem Fragment. Der vorliegende Band
stellt die Frage ob diese Differenz aufrechterhalten werden kann und zwar anhand von Lyrik
Film Notizbüchern Stücken und Theatermodellen. Hierbei wird deutlich dass für Brecht
Unfertigkeit kein Scheitern war. Die kollektive Erstellung vieler Texte und Aufführungen ihr
experimenteller Charakter und ihr unbedingter Bezug auf die Geschichte und Gesellschaft machen
Unfertigkeit zum Erfordernis. Damit entsprechen diese Arbeiten der doppelten Zeitlichkeit des
Fragments das immer beides ist: Ruine und Entwurf.