Je mehr uns die Natur abhandenzukommen scheint umso emphatischer wird sie beschworen. Seit gut
zweihundert Jahren hat sich in England und Nordamerika ein literarisches Genre ausgebildet das
uns die Natur nahezubringen versucht. Was aber ist Nature Writing? Jürgen Goldstein geht dieser
Frage anhand klassischer und weniger bekannter Autorinnen und Autoren dieser Naturliteratur
nach indem er die Sprachlandschaften von Henry David Thoreau und John Muir Edward Abbey und
Robert Macfarlane Annie Dillard und Nan Shepherd erkundet aber auch Texte von Alexander von
Humboldt Werner Herzog und Marion Poschmann in den Blick nimmt. Ihr Plädoyer für eine
subtilere Erfahrung der Natur beinhaltet stets auch die Frage nach unserem eigenen
Selbstverständnis. Nature Writing ist kein Trostpflaster für sinnentleerte Großstädter die in
einer idealisierten Natur jene Ursprünglichkeit und Wildheit wiederzufinden suchen die ihrem
Leben abhandengekommen sind. Nature Writing ist vielmehr ein notwendiges Korrektiv zur
technischen Epoche des Anthropozän. Es ist auch ein Spiegel unserer Sehnsüchte: Nature Writing
entspricht unserem Verlangen es mit einer Natur zu tun zu haben die für die Beantwortung der
Frage wie ein gutes Leben gelingen kann nicht gleichgültig ist.