Die deutschsprachigen Theaterbühnen setzen sich seit den 2010er Jahren verstärkt mit Fragen
sozialer Anerkennung und dem strukturellen Komplex um rassistische Diskriminierung auseinander.
Wer darf auf der Bühne agieren? Mit welchen ästhetischen Mitteln können soziale kulturelle und
ethnische Marginalisierungen im Theater sicht- und erfahrbar gemacht werden ohne
gesellschaftliche Machtverhältnisse einfach zu reproduzieren? Und wo verlaufen etwaige Grenzen
der Darstellung? Das Buch untersucht dokumentarische Theaterarbeiten die in der Form einer
Erkundung des Stadtraums oder als fiktionalisierte Recherche-Stücke Konstellationen sozialer
Marginalität verhandeln. Als Ausgangspunkt dient das sowohl als theatrale Auftrittsform wie
auch als medientheoretische Denkfigur verstandene Konzept des Boten(-berichts) über das
Grenzverläufe zwischen 'Eigenem' und 'Fremdem' postdramatische Erzählweisen und migrantische
Gegenberichte in Beziehung zueinander gesetzt werden. Die im Zentrum stehenden ästhetischen und
medialen Strategien der Differenzverhandlung werden als Formen eines marginalen Berichtens
analysiert in dem nicht zuletzt die Institution Theater zum Teil eines paradoxen Spiels
zwischen Innen und Außen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit Zentrum und Peripherie wird. Mit dem
vom Boten(-bericht) ausgehenden Fokus auf Medialität entwickelt die Studie im Anschluss an die
bisherige Diskussion im Fach einen eigenständigen Zugriff auf Dokumentarismen im
Gegenwartstheater. Neben dem Konstruktionscharakter und dem Spannungsverhältnis zwischen
Intensität und Reflexion rücken auch die machtvollen Dimensionen dokumentarischer Ästhetiken in
den Blick. Angesichts einer in sozialer und medialer Hinsicht zunehmend diversifizierten
Theateröffentlichkeit lassen sich Aufführungen nicht mehr nur als Präsenzgeschehen zwischen
Handelnden und Zuschauenden deuten. Es stellt sich vielmehr die Frage nach dem 'Dritten' der
oder das jenseits der Bühne mitspielt.