Der blaue Planet müsste eigentlich 'Wasser' heißen und nicht 'Erde' ist er doch zu zwei
Dritteln von diesem Element bedeckt. Zudem beinhaltet der ozeanische Raum etwa 90 % des
gesamten Biosphärenvolumens. So hat Steve Mentz kürzlich gefordert die derzeitige Epoche nicht
mehr Anthropozän sondern wahlweise Okeanocene Aquacene Thalassocene oder einfach Ozean zu
nennen. 'Ozean' würde demnach sowohl den gegenwärtigen planetarischen Ort als auch die
gegenwärtige planetarische Zeit bezeichnen. In der Wissenschaftslandschaft bilden sich seit
einigen Jahren die Blue Humanities heraus - in akademischen Spielarten Critical Ocean Studies
Hydro-Criticism Tidalectics oder Hydrofeminism - die als neue interdisziplinäre
Forschungsrichtungen die Weltmeere in den Blick nehmen. Das geschieht allerdings meist ohne in
spezifischer Weise die maritimen Tiere zu betrachten. Dabei liegt im Wasser nicht nur der
Ursprung des tierlichen Lebens sondern es wimmelt in jedem Tropfen Meerwasser nur so von
animalen Entitäten und Potenzialitäten. Ozeane sind daher immer sympoietische Ökosysteme für
tierliche und nicht-tierliche Ko-Existenzen und Ko-Kreationen und können weder auf ihre
Funktionen als Klimastabilisatoren CO2-Lager Sauerstoff- und Nahrungsmittelproduzenten noch
als Bühne für rein menschliche Dramen von beispielsweise Schiffbruch imperialer Eroberung und
weltumspannendem Handel reduziert werden. Diese Ausgabe von Tierstudien ist deshalb ganz den
Tieren gewidmet denen der Ozean Lebensraum ist und stellt einen ersten Versuch tiersensibler
Blue Humanities dar. Es stehen Wale Haie Oktopoden Hummer Austern Korallen Aale Störe
und Albatrosse im Fokus der wissenschaftlichen und künstlerischen Beiträge. Dabei geht es um
fluide Naturecultures die Biodiversität der Meere Walgesang Haifischbecken die
Plastikverschmutzung der Ozeane Korallensterben Hochseefischerei feministische
Kinship-Verhältnisse mit Meeressäugern das aquatisch Imaginäre und die Denkfigur des
Tentakulären. Sie beleuchten u.a. wie Kunst Film Literatur Computerspiel und Musik für den
Schutz der Meere und ihrer Bewohner*innen sensibilisieren. Mit wissenschaftlichen Beiträgen von
Katahrina Alsen Raj Sekhar Aich Tabea Weber Martin Bartelmus Robert Bauernfeind Andrea
Diederichs Christina Gruber Thomas Hawranke Tabea Weber Christian Hoiß Nina Schüchter und
Martin Ullrich. Mit künstlerischen und essayistischen Beiträgen von Alexis Pauline Gumbs Sarah
Heuzeroth Courtney Mattison Nicole Schuck und Shimabuku.