Obwohl der Autor und Künstler Andreas Neumeister (*1959) mit zu den bekanntesten deutschen
Popliterat*innen zählt setzt sich dieser Band erstmals umfassend wissenschaftlich mit seinen
collagenartigen Texten auseinander. Unter dem 'Deckmantel' des Romans verschmelzen in
Neumeisters Publikationen zahlreiche mediale Versatzstücke zu einem dichten Abbild
gesellschaftlicher Gegenwart und stellen die politische Dimension alltäglicher und oder urbaner
Kulissen aus. Seine Texte arbeiten dabei mit popästhetischen Methoden wie Montagen
Wiederholungen oder Listen die Anna-Carina Meywirth zunächst einordnet und anschließend als
Analyseschema für Neumeisters Textprodukte fruchtbar macht. Auch die Überforderung der
Leser*innen durch die dichte 'anarchische' Romanform Neumeisters nimmt sie in den Blick und
entwickelt ein Rezeptionskonzept das der unkonventionellen Textform begegnet. Anhand von
Neumeisters Text Könnte Köln sein (2008) untersucht die Autorin exemplarisch wie er seine
popästhetische Poetik einsetzt um Städte und Architekturen darzustellen. Die profunde aber
fragmentarisch inszenierte Auseinandersetzung des Erzählers mit den Bauwerken die er während
seiner Reisen in Städten wie München Berlin Moskau New York und Los Angeles besucht
verschränkt literarische wie architektonische Expertise eng miteinander. Anarchitext zeigt wie
bei Neumeister auf literarischer Ebene Raum geschaffen wird ohne diesen zu bauen - und folgt
dabei dem Begriff der Anarchitektur von Gordon Matta-Clark der eine Verbindung von Anarchie
und Architektur bezeichnet. Einzelanalysen der Metropolen zeigen anschaulich wie jede Stadt
durch die Brille des reisenden Erzählers und durch seinen Blick hinter die Fassaden der
gegenwärtigen Architekturen ein eigenes Gesicht erhält welches sich von einer touristischen
Perzeption unterscheidet. In den Vordergrund der so erzählten Stadtwahrnehmung treten
(vergangene) Machtstrukturen die im (touristischen) urbanen Alltag allzu unsichtbar bleiben.