Im Zentrum sozial- und kulturwissenschaftlicher Forschung stehen Fragen der sozialen Ordnung.
So verschieden die theoretischen Zugriffe und empirischen Befunde sein mögen - stets liegen
ihnen spezifische Ordnungsvorstellungen zugrunde: Regeln sollen herausgearbeitet Muster
identifiziert und Strukturen sichtbar gemacht werden. Das Soziale erscheint als vielschichtiger
Ordnungszusammenhang von Klassen und Kapitalsorten Funktionssystemen und Organisationen
Netzwerken und Interaktionssituationen Lebenslaufregimen und Subjektivierungsweisen
soziotechnischen Arrangements und Kommunikationsmedien Sinnwelten und Praxen. Zugleich gehen
Ordnungskonzeptionen stets mit spezifischen Vorstellungen von Nicht-Ordnung einher. Was Ordnung
ist lässt sich nur in Abgrenzung von ihrem Außen bestimmen. In sozial- und
kulturwissenschaftlichen Theorien taucht dieses Andere allerdings meist nur als Ausnahme
Abweichung Mangel Störung oder Rauschen auf. Weil von der Ordnung her gedacht wird schrumpft
ihr Anderes zum Epiphänomen.Der vorliegende Sammelband eröffnet diesem Ordnungsbias gegenüber
eine neue Forschungsperspektive. Das Andere der Ordnung bleibt dabei auf diese bezogen aber
Vorrang erhält was sonst lediglich als Problemanzeige und Kontrastfolie fungiert. Nicht die
elaborierten sozial- und kulturwissenschaftlichen Semantiken der Ordnung sondern die im
Vergleich dazu weit weniger ausgearbeiteten Theoriefiguren des Irregulären und
Außerordentlichen des Exzeptionellen und Amorphen des Ereignishaften und Inkommensurablen
stehen im Mittelpunkt. Mit einer systematischen Einleitung der Herausgeber und Beiträgen von
Nina Degele Alex Demirovic Florian Heßdörfer Lars Gertenbach Susanne Krasmann Christian
Lavag-no Oliver Marchart Sven Opitz Günther Ortmann Marc Rölli und Erhard Schüttpelz.