Die Frage nach Gerechtigkeit stellt sich auf eine besondere und dringliche Weise in einer Phase
der Postdiktatur. Der vorliegende Sammelband widmet sich dieser brisanten Thematik auf
nationaler wie internationaler Ebene und ist das Ergebnis einer deutsch-arabischen
Zusammenarbeit zum Thema Gerechtigkeit in transkultureller Perspektive. Drei Schwerpunkte
bestimmen die Untersuchungen der Autorinnen und Autoren: 1. Übergangsgerechtigkeit und
Wiedergutmachung: In diesem Themenschwerpunkt widmen sich die Beiträge der Postdiktaturphase im
Übergang zu einer stabilen und ressentimentfreien Gerechtigkeitsordnung. Hier steht vor allem
die Frage im Mittelpunkt welches die zur Herstellung einer nationalen Versöhnung angemessene
Kombination von Strafe Entschädigung und Amnestie ist. Vergleichend und aus dem Blickwinkel
unterschiedlicher Disziplinen analysieren die Beitragenden die Gerechtigkeitsdebatte der
Postdiktaturphasen in Deutschland Marokko Südafrika und Tunesien.2.
InnerstaatlicheVerteilungsgerechtigkeit: Die Frage nach der herzustellenden Gerechtigkeit hat
einen retro- und einen prospektiven Aspekt. Unter welchen Bedingungen sind alte
Eigentumsverhältnisse akzeptabel und wann ist eine Korrektur derselben erlaubt oder geboten?
Mit der Wiedergewinnung demokratischer Kontrolle über staatliches Verteilungshandeln wird auch
die Frage nach der gerechten Teilhabe aller Regionen an den Ressourcen des Landes virulent
werden.3. Zwischenstaatliche Gerechtigkeit: Bei der Behandlung der innerstaatlichen
Gerechtigkeitsprobleme wird schnell deutlich dass der nationale Gestaltungsspielraum der
Gerechtig-keitsordnung durch das bestehende System supranationaler Regulierungen und
Organisationen eng begrenzt ist. Aus den Hoffnungen einer enttäuschten arabischen Jugend auf
gerechte Lebensverhältnisse werden deshalb auch Forderungen nach einer Neuordnung der globalen
Institutionen entstehen. Diese Forderungen werden an die Länder die jetzt die globale Ordnung
dominieren adressiert sein. Zur Herstellung eines Zustands wechselseitiger Akzeptanz ist auch
hier die Gewinnung eines Maßstabs dafür was man berechtigterweise voneinander fordern darf
unabdingbar.