Viele nordafrikanische Staaten blicken auf eine jüngste Vergangenheit zurück in der
systematisch Menschenrechte verletzt Kritiker inhaftiert offene Proteste verboten Gefangene
gefoltert und politische Gegner unschädlich gemacht wurden. Dass in einem
Transformationsprozess von einer autoritären Staatsstruktur hin zu einer demokratischen
Gesellschaftsform neben der juridischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit auch die
Erinnerung an erlebtes Unrecht eine zentrale Rolle spielt hat sich in der deutschen Geschichte
des 20. Jahrhunderts zweimal deutlich gezeigt. Im Unterschied zur wissenschaftlichen
Auseinandersetzung mit der deutschen Unrechtserfahrung unter zwei sehr unterschiedlichen
autoritären Regimen ist die kritische Untersuchung der Erinnerung an Unrecht im arabischen Raum
erst im Entstehen begriffen. Trotz dieses Unterschiedes ist eine Engführung deutscher und
arabischer Perspektiven auf diese Thematik wie sie der vorliegende Band unternimmt
gewinnbringend und spannend für beide Perspektiven und betritt zugleich wissenschaftliches
Neuland.Der Band präsentiert Ergebnisse einer dreijährigen interdisziplinären Zusammenarbeit
deutscher und nordafrikanischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Beiträge widmen
sich unterschiedlichen Formen des Erinnerns und reflektieren die Chancen und Herausforderungen
einer Erinnerung an Unrecht aus philosophischer theologischer gesellschaftstheoretischer
sprach- kultur- und literaturwissenschaftlicher Perspektive. Sie gliedern sich in vier
Themenschwerpunkten: Ein erstes Kapitel untersucht die philosophischen und
gesellschaftstheoretischen Debatten um Gedächtnis und Erinnerung. Ein zweites Kapitel setzt
sich mit den literarischen Strategien des Erinnerns und des Vergessens auseinander. Ein dritter
Schwerpunkt widmet sich dem Schreiben über Folter und Gefängnis. Ein vierter Fokus liegt auf
Begriff und Formen der Zeugenschaft.