Im Scheitern stößt der Mensch an die Grenzen seiner eigenen Steuerungsfähigkeit. Mit einem Mal
kann er seiner Umwelt - zuweilen auch seiner eigenen Innenwelt - nicht mehr Herr werden. Damit
ist ein grundlegendes Problem des Handelnden angesprochen.Aus narratologischer Perspektive kann
Scheitern als Bruch innerhalb einer Kontinuität von Sinnhaftigkeit konzipiert werden die
jedoch für die Identität des individuellen Akteurs unentbehrlich ist. Dieser Bruch ist somit
das Ende von Anschlussfähigkeit innerhalb jeweils spezifischer lebensweltlicher Sinnbereiche:
Eine Störung unterbricht die Verflechtungsordnung des Selbst und verunmöglicht es die
bisherige Struktur der narrativen Identität fortzuführen. Der Akteur ist gezwungen neue
strukturelle Formen von Identität auszuformen und diese auf Vergangenheit Gegenwart und
Zukunft umzulegen. Nach dem Scheitern müssen zudem neue Formen von Handlungsmacht etabliert und
die Erfahrung von entzogener Steuerungsmacht in den Kurs des eigenen Lebens integriert werden.
Untersucht werden in diesem Buch daher erzählerische Praktiken deutsch- und englischsprachiger
internationaler Sprecher innen die dazu dienen nach dem Bruch der narrativen Identität aus
dem Scheitern heraus eine neue Sinnstruktur aufzuspinnen und Handlungsfähigkeit
zurückzugewinnen. Den analytischen Fluchtpunkt dieser Exploration von biographischen Narrativen
des Scheiterns bildet somit die Frage wie das Selbst sich angesichts des Scheiterns erzählt
welche neuen Praktiken der Selbstbezüglichkeit sich ausformen und welches Verhältnis sich
zwischen Scheitern und narrativer Identität aufspannt. Auf diese Weise liefert die Studie eine
neue Perspektive darauf was Scheitern ist und wie es konzipiert und verstanden werden kann.