Es sind mögliche und variable Kontexte Gesichtspunkte oder narrative Rahmungen in deren Licht
etwas als wirklich vernünftig oder wahr erscheint. Und trotz sozialer oder wissenschaftlicher
Stabilisierungsversuche gibt es unter modernen Voraussetzungen kein letztes Kriterium mehr um
wahre von unwahren adäquate von inadäquaten richtige von falschen Kriterien für alle
verbindlich zu unterscheiden. Die moderne 'Kontingenz der Kriterien' konfrontiert mit
unauflösbaren Begründungsproblemen. Diese betreffen nicht nur Fragen unseres
Selbstverständnisses oder der sozialen Beziehungen sondern auch Fragen nach der Bedeutsamkeit
unseres Wissens über die Welt. Die Unausweichlichkeit und die Unauflösbarkeit dieser Fragen
bestimmen die Philosophie Gerhard Gamms. Sie verweist auf die Unbestimmbarkeit der
Subjektivität und auf die Grenzen einer sozialen Verständigung über das ethisch und rational
Begründbare. Im Vergleich zu anderen Herangehensweisen die ebenfalls Verhältnisse von
Reflexivität und Kontingenz von Sozialität und Singularität von alltäglichem und
wissenschaftlichem Wissen oder von Engagement und Begründung verhandeln versuchen die Analysen
Gamms zugleich die Möglichkeiten und Praktiken auszumachen die ein widersprüchliches
Verhältnis von Einheit und Trennung von sozialer Integration und Entzweiung von Begründung
und Abgründigkeit vorstellbar und lebbar machen. Die Frage nach den Bedingungen einer sozialen
Integration die zugleich deren systematische Grenzen einbezieht ist ein zentrales Thema der
modernen bildungstheoretischen Reflexion. Die Philosophie Gamms erscheint hier bedeutsam weil
sie von den Grenzen einer zugleich notwendigen und kontingenten Begründbarkeit her denkt.
Zugleich analysiert sie Praktiken des Umgangs des Denkens und Urteilens die einem 'Ethos der
Vernunftkritik' verpflichtet sind.