Norbert Elias' Rang als soziologischer Klassiker ist mittlerweile unbestritten. Seine
zweibändige Studie Über den Prozess der Zivilisation in den 1930er Jahren verfasst gilt als
epochale Leistung die jedoch erst spät gewürdigt wurde. Ihr Autor befand sich somit
jahrzehntelang in der Position Forschungen und Publikationsprojekte verfolgen zu müssen oder
zu können ohne im Zentrum der disziplinären Aufmerksamkeit zu stehen. Neben seinem
einflussreichen Hauptwerk durch welches die Soziologie um eine die herkömmliche Mikro-Makro-
Differenzierung überwindende historische Entwicklungsperspektive bereichert wurde stehen somit
zahlreiche weitere thematisch überaus heterogene Publikationen die längst noch nicht alle
veröffentlicht worden sind. Während der Sozialhistoriker Elias eine anerkannte Figur ist wird
der Soziologe Elias nur dann verständlich wenn auch diese anderen Werke Betrachtung finden.
Der Mensch Elias ist ohnehin erst dann sichtbar wenn man die Erlebnisse und die diversen
Umbrüche seiner bewegen den Biografie miteinbezieht.Der vorliegende Band hervorgegangen aus
einer Tagung zur 125. Wiederkehr seines Geburtstages rückt verschiedene Aspekte und Diskurse
rund um Elias' Schaffen in den Vordergrund und kontextualisiert die generelle soziologische
Relevanz seines Schaffens. Er liefert einen Überblick über aktuelle Strömungen der
Elias-Forschung und ihres Stellenwertes bzw. ihrer Anschlussfähigkeit für
sozialwissenschaftliche bzw. sozialtheoretische Debatten. Dabei zeigt sich:Soziologie mit Elias
betreiben bedeutet sein Werk als Instrumentarium zu verstehen mit dem sich insbesondere
zeitgenössische gesellschaftliche Entwicklungen beschreiben lassen. Und nicht nur dies: Die
Wissenschaft selbst so Elias laufe Gefahr sich in Mythen zu verfangen während sie zugleich
die Mythen der Wirklichkeit unter die Lupe nimmt. Somit ist Mythenjagd nicht nur ein Schlagwort
sondern auch eine Devise unter die sich Elias' Gesamtwerk stellen lässt.Die hier versammelte
theoretisch wie empirisch ausgerichteten Beiträge thematisieren in diesem Sinne u. a.
Körperlichkeit Jugend Geschlechterdynamik Digitalisierung Deepfakes Zeit und Lebensende.