Die Autorin untersucht den Bologna-Prozess als einen Prozess der Auseinandersetzung zwischen
Universität Politik und Gesellschaft. Sie fragt insbesondere nach den hier stattfindenden
Verschiebungen im Zusammenspiel der gesellschaftlichen Funktionen der Universität: Wissenschaft
und Erziehung. Im Bologna-Prozess gewinnt - so die zentrale These - die Erziehungsfunktion
zunehmend an Relevanz zugleich wird die Erziehungsfunktion verstärkt in der Universität
verankert abgesichert und ausgeweitet.Die systemtheoretische Struktur Semantik- Analyse
ermöglicht es dabei den Wandel der Universität und ihrer gesellschaftlichen Funktion in der
Reflexion auf sich verändernde gesellschaftliche Umwelten - und entsprechende
Leistungserwartungen an die Universität - zu untersuchen. Vermöge der Kombination der
Systemtheorie mit der Theorie sozialer Formen leistet die Arbeit zudem nicht nur eine fundierte
soziologische Analyse der Universität im Bologna-Prozess sondern auch einen Beitrag zur
soziologischen Theoriebildung.Mit der Ausweitung der Erziehungsfunktion stellt sich die
Universität in die Tradition der europäischen Aufklärung. Der Anspruch der Gestaltbarkeit der
gesellschaftlichen Verhältnisse ist im Bologna-Prozess dabei nicht allein Ausdruck des Impetus
der Aufklärung. Die Universitäten antworten auch auf neue gesellschaftliche
Leistungserwartungen wie sie gegenwärtig unter dem Begriff der Humankapitalbildung zu
beobachten sind. Die Ausweitung der Erziehung im Bologna-Prozess gerät in Widerspruch zu den
Wissensidealen und Ansprüchen der Universität sie konfligiert in der Universität mit dem
zwanglosen Zwang der wissenschaftlichen Disziplinen.