Die vorliegende Studie weicht von der in der Elitensoziologie verbreiteten Auffassung ab dass
die gesellschaftlichen und politischen Spitzenpositionen von Aspiranten besetzt werden die
sich im allgemeinen Konkurrenzkampf als besonders tüchtig und durchsetzungsfähig bewährt haben.
Kritisiert wird daran meist dass im Auswahlprozess Angehörige der niederen sozialen Schichten
benachteiligt würden. Das Ausleseverfahren als solches bleibt dabei außen vor. Peter Waldmanns
Studie setzt hier mit der Frage an: Was müssen Gesellschaften tun damit die jeweils Klügsten
Erfahrensten und Leistungsstärksten Führungspositionen einnehmen? Nicht zuletzt weil das
heutige Elitenspektrum westlicher Gesellschaften weit vom Ideal der Elitenbildung abzuweichen
scheint verlangt diese Frage nach Klärung. Zu diesem Zweck geht die Studie historisch und
kulturvergleichend vor. Sie umfasst in zeitlicher Hinsicht die Ära des Feudalismus und die sich
daran anschließende Industrialisierungsphase geht aber von Ausnahmen abgesehen nicht über
die späten 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinaus. Der kulturelle Bogen der
Untersuchung umspannt neben Deutschland auch Frankreich die USA Japan und China. Die Arbeit
führt zu einigen transkulturell gültigen Einsichten: Den funktionalen Mittelpunkt der
Elitenbildung bildete die Oberschichtfamilie der aufgrund ihres Vermögens ihres über die
Generationen hinweg angesammelten Erfahrungsschatzes sowie eines den Nachkommen tradierten
Tugendkanons eine Schlüsselrolle in der Aufrechterhaltung der Elitenkontinuität zufiel. Auf die
Primärsozialisation im Schoße der Familie folgte meistens eine Anlern- und Schulungsphase durch
einen überlegenen Lehrmeister der Eliteanwärter auf künftige Herrschafts- und Führungsaufgaben
vorbereitete. Ein dritter in seiner Bedeutung nicht zu unterschätzender Bildungsfaktor war der
Umstand dass der Ausleseprozess nicht gemäß abstrakter Regeln erfolgte sondern auf der Basis
von Anweisungen und Direktiven konkreter Personen.