Braucht die Stadtsoziologie einen Perspektivenwechsel? Hat sich das Erkenntnispotential der
traditionellen Stadtforschung erschöpft oder ist gar ihr Erkenntnisgegenstand verloren gegangen
angesichts der Tatsache dass Stadt Land-Unterschiede zunehmend verschwinden bzw. angesichts
einer zunehmenden Verstädterung der Gesellschaft? Die Bemühungen denen stadtsoziologische
Forschungen gelten zielen darauf ab gesellschaftliche Entwicklungen zu erklären welche in
der Stadt die als Spiegel der Gesellschaft begriffen wird sichtbar werden. Diese Sichtweise
unterstellt dass es im Prinzip keine Rolle spielt in welcher Stadt gerade ein bestimmtes
gesellschaftliches Phänomen untersucht wird. Generell gilt: Es werden Phänomene in der Stadt
untersucht. Im Rahmen des noch jungen Forschungsansatzes Eigenlogik der Stadt wird ein anderer
Weg vorgeschlagen der möglicherweise zu einem Paradigmenwechsel in der Stadtsoziologie führt.
Dieser Forschungsansatz geht davon aus dass herkömmliche Bedeutungszuweisungen von der Stadt
überholt sind dagegen werden Städten spezifische Strukturen und Eigenschaften zugesprochen
welche unabhängig von den jeweiligen Akteuren ortsspezifische Handlungsmuster erzeugen. Daher
soll nicht mehr in der Stadt sondern die Stadt selbst untersucht werden. Im Rahmen des
Postulats einer Eigenlogik der Stadt sprechen schließlich einige Autoren auch von einem Habitus
der Stadt wobei der Habitusbegriff im Sinne Bourdieus gebraucht wird. Das vorliegende Buch
geht der Frage nach inwieweit Bourdieus Habituskonzept auf städtesoziologische Analysen
übertragbar ist bzw. inwieweit man davon sprechen kann dass Städte über einen Habitus verfügen
ohne einem Anthropomorphismus zu verfallen. Bourdieu ging es immer um eine
gesellschaftskritische Auseinandersetzung und die Frage ist ob diese von ihm immer wieder
geforderte kritische Haltung des Sozialwissenschaftlers mit diesem neuen Ansatz nicht
vielleicht verloren geht.