Dieses Buch setzt sich mit Bruckners erster großer symphonischen Schaffensphase auseinander.
Das letzte Glied der hier besprochenen Werkreihe die Fünfte Symphonie wurde nicht nur von
Leopold Nowak als deren Gipfel bezeichnet. Die Kenntnis der früheren Fassungen vermag an diesem
Nimbus ein wenig zu rütteln die Distanz zu ihren Vorgängerinnen scheint etwas geringer
geworden zu sein. Für den Leser könnte die chronologisch korrekte Betrachtung zu einem
interessanten Perspektivwechsel geraten. Jene ihm wohlbekannte Vierte ging der Fünften
keineswegs voran sondern wurde erst drei Jahre nach ihr vollendet. Die in diesem Buch
behandelte Vierte von 1874 ist dagegen so ziemlich der stilistische Antipode der Fünften mit
der sie eigentlich nur den - auf ganz andere Weise gestalteten - ekstatischen Schluß gemeinsam
hat. Die wohl bekannteste Fassung der Dritten stammt aus Bruckners späten Jahren. Ihre
Erstfassung von 1873 unterscheidet sich von Temperament und Gehalt ganz besonders von der
Vierten und eigentlich auch allen übrigen Schwestern. Die Zweite ist in der Erstfassung ein
ganz exquisites Werk das schwer unter seiner nachträglichen Verstümmelung zu leiden hat. Ihr
gehen die bei aller berechtigten ja gebotenen Wertschätzung doch reichlich skurrile Nullte
die wilde Erste und die klassisch-schöne Studiensymphonie voran. Vor allem die Nullte erscheint
für Bruckners Entwicklung und für unser tieferes Verständnis seiner Eigenheiten von großem
Interesse. Dies weniger in bezug auf das fugierte Finale das in seiner Schlichtheit eben nicht
als Vorankündigung der großen Fünften verstanden werden sollte sondern was den Kopfsatz mit
seinen metrischen Verwerfungen anbelangt die wenngleich nicht in dieser Rigorosität
weiterverfolgt Bruckners komplexe und vielschichtige Behandlung der Metrik aufzuzeigen
vermögen.