Gerade weil mancherlei Aspekte der Beziehungsgeschichte zwischen dem Heiligen Römischen Reich
Deutscher Nation und dem Osmanischen Reich schon lange die Aufmerksamkeit von Historikern
finden und es auch an lebhaft diskutierten Veröffentlichungen hierzu nicht mangelt fällt auf
dass eine synthetisierende Darstellung der osmanischen Präsenz im Reich aus vor allem
kulturgeschichtlicher Perspektive noch immer einem »blinden Fleck« gleicht. Diesem
Forschungsdesiderat möchte die hier präsentierte Untersuchung begegnen indem die konkreten
Lebensbedingungen der Akteursgruppe muslimischer Gefangener in der sie umgebenden christlichen
Mehrheitsgesellschaft detailliert analysiert werden. Muslimische Gefangene waren Fremde die
zeitlich begrenzt oder gänzlich in die gesellschaftliche Ordnung des Reiches integriert werden
mussten. Waren es gewollte oder ungewollte Fremde? Und wie ging man insbesondere mit
Ungewollten um? Welche Rolle spielte dabei der Faktor Religion? Da namentlich die mittellosen
Gefangenen zunächst vor allem ungewollt waren fielen sie nicht selten der Versklavung anheim
so gewann man erwünschte Arbeitskräfte Prestigeobjekte oder - typisches Schicksal für Frauen
und Kinder - Objekte der Mission. Die hierzu von Manja Quakatz (1983-2023) erschlossenen
Quellen gestatten verallgemeinerungsfähige Einsichten in Prozesse und Ereignisse die manche
bisherige Forschungshypothese korrigieren und eröffnen neue Forschungsperspektiven bis hin zu
mikrohistorischen Studien zu Einzelschicksalen. Insbesondere gilt dies für den Nachweis dass
es im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation sehr wohl Sklaverei gegeben hat und zwar nicht
nur im Zuge des überseeischen Handels sondern dass jene selbst nichtchristliche Kriegsgegner
betreffen konnte.