Die Denkgebäude um die Kreative Stadt und das Recht auf Stadt sind für den urbanen Raum im noch
jungen 21. Jahrhundert zwei wirkungsmächtige Gestaltungsparadigmen. Dabei sind auf
konzeptioneller Ebene zwar durchaus gemeinsame Berührungspunkte gegeben allerdings werden
diese in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung nicht allzu häufig aufgegriffen. Gleichwohl
offenbart eine Gegenüberstellung der Konzepte beiderlei: inhaltliche Überschneidungen aber
auch Differenzen. So betonen beide Konzepte die Wichtigkeit der gesellschaftlichen Vielfalt
enthalten Aufforderungen zur Mitgestaltung des Stadtentwicklungsprozesses oder heben die
Bedeutung der Begegnungsfunktion der Stadt hervor. Widersprüche hingegen existieren u.a.
hinsichtlich der unterschiedlichen Positionierung gegenüber der (human-)kapitalistischen
Verwertungslogik oder beim jeweiligen Stellenwert von gesellschaftlicher Inklusion
(insbesondere bei Richard Floridas ausgrenzender Formulierung des Kreativ-Klassenbegriffs). Ein
rein theoretischer Vergleich führt somit in einen Patt. Daran ansetzend hat diese empirische
Arbeit zum Ziel näher auf die Begegnung der beiden Konzepte in der urbanen Praxis einzugehen.
Auf der Suche nach einer praktischen Entsprechung traf der Autor auf den Verein Quellkollektiv
einer Vereinigung von kreativschaffenden Personen die sich während der gemeinsamen
Zwischennutzung des ehem. Quelle-Versandhauses in Nürnberg zusammengefunden hat. Aufgrund ihrer
alltäglichen Betätigungsfelder im Kreativarbeitsbereich sowie der parallel dazu stattfindenden
Raumaneignungspraktiken des äußerst großflächigen Gebäudes lassen sich ihre Handlungen beiden
Stadtentwicklungsparadigmen zuordnen. Im Resultat findet sich vorliegend eine empirische
Forschungsarbeit die mittels einer akteurszentrierten und subjektorientierten Theoriebildung
den Erfahrungsprozess des Quell-kollektivs über mehrere Jahre nachzeichnet um daraus
schließlich eine Theorie von werdenden Subjekten abzuleiten. Im Zuge dessen konnte u.a.
dargestellt werden wie beide Stadtentwicklungsparadigmen verstanden als gesellschaftliche
Wissensordnungen in diesem Kontext jeweils praktisch in Erscheinung treten und sich dabei
begegnen ergänzen aber auch widersprechen.