Die Bewohner des alten Peking - vom Kaiser bis hin zum einfachsten Untertanen - waren darin
vernarrt den Lauten von Vögeln zu lauschen neue für sie zu erfinden natürliche zu verändern
sie ganze Strophen trällern zu lassen oder ihnen kuriose Manieren beizubringen um sie anderen
vorführen zu können. Die Utensilien: Käfige Käfiggriffe Sitzstangen Fress- und Trinknäpfe
Gestelle Rahmen Halsfesseln Kästchen Schächtelchen und vieles mehr von dem Rainer
Klouberts grundlegend erweitertes und reich illustriertes Buch berichtet sind leider für immer
verschwunden - die konfuzianischen Tugendwächter hatten nur wenig für Vögel übrig. Die Mode
sie zum Vergnügen abzurichten kam in den Regierungsjahren des Pracht und Spiel liebenden
Kaisers Qianlong (1735-1799) auf der etwa zu der Zeit als August der Starke sein Grünes
Gewölbe mit chinesischem Porzellan füllte in Pekings Sommerpalast Versailler Bauten errichten
ließ in denen künstliche Nachtigallen sangen Wasserkaskaden tanzten und Spieluhren sich im
Kreis drehten. Unter seinen Nachfolgern gewann die Sitte Vögel in Käfigen zu halten immer
mehr Anhänger. Mandschurische Beamte und Sinekuristen vor allem bezahlten Unsummen für
besonders gelehrige oder farbenprächtige Exemplare die so genannten 'Beamten-' oder
'Residenzvögel'. Als gegen Ende der Dynastie exotische Vögel auftauchten trat für Pekings
Bewohner ein weiteres Faszinosum hinzu: die berauschenden Farben des Federkleides an der sie
sich nicht satt genug sehen konnten Gefieder nicht weniger prächtig als die Kostüme von
aufgeplusterten Opernschauspielern die auf der Bühne hin und her stolzierend ähnlich gellende
und dramatische Laute von sich gaben Schreie die sich wenn man sie nur genügend in die Länge
zog in Musik verwandelten um den 'sieben Gemütsregungen' Ausdruck zu verleihen: Freude Zorn
Trauer Angst Liebe Hass und Begehren.