Der Feind ist die höchste Steigerungsform des anderen des Antipoden des Gegners des
Gegenübers des Negativen. Den Feind kennen wir vor allem aus der politischen und militärischen
Sprache - er ist der unbedingte Gegner und der Krieg treibt die Feindschaft auf die Spitze
weil sie die Zerstörung der anderen Seite zum Ziel hat. In der Weltgesellschaft gab und gibt es
so gut wie keine Phase in der kein Krieg herrschte. Und in der es keine bösen Feinde gab. Der
Feind existiert aber nur im Gegensatz zum Freund der in der Nähe ist ein Vertrauter einer
von uns ist. Den Freund kennen wir vor allem im privaten alltäglichen und
geistig-intellektuellen Umfeld.Dieses Kursbuch widmet sich sowohl den widersprüchlichen
Romantiken von Freundschaft als auch den differenzierten Abgründen von Feindschaft. Aktueller
könnte ein Thema fast nicht sein. Das Denken in Freund- Feind-Schemata ist auf der Tagesordnung
zurück mit all seinen Untiefen seinen Risiken seinen normativen Implikationen und seinen
Konsequenzen. Die Beiträge beziehen sich deshalb auch auf die Konsequenzen des russischen
Krieges gegen die Ukraine aber nicht nur. Constanze Stelzenmüller stellt die gegenwärtigen
Ereignisse in einen systematischen Zusammenhang mit Denklücken sicherheitspolitischer
Überlegungen und Überzeugungen die durch den russischen Angriff über den Haufen geworfen
worden sind und Herfried Münkler untersucht die historische und kategoriale Genese des Freund-
Feind-Antagonismus. Einen anderen Zugang wählt der Biologe Josef H. Reichholf der sowohl die
Natur selbst als Feind im Blick hat aber auch feindliche Antagonismen in der Natur in den
Blick nimmt. Der Psychoanalytiker Timo Storck befasst sich mit inneren Bildern die sich selbst
unheimlich werden können und bisweilen antagonistisch geraten. Er kommt zu dem Schluss dass
nicht die Feinde Angst machen sondern die Angst Feinde. Armin Nassehi schlägt eine Brücke
zwischen vertrauten Antagonismus von Freund und Feind auf der einen Seite und dem Fremden auf
der anderen.Im Gespräch mit dem israelisch-deutschen Soziologen Natan Sznaider geht es um
innere und äußere Antagonismen in Israel und auch darum warum der Jude als die geradezu
klassische Figur des inneren Feindes gelten kann. Die Intermezzi beschäftigen sich dieses Mal
mit der Frage: Wer ist Ihr Lieblingsfeind? Acht Autorinnen und Autoren geben dazu sehr
unterschiedliche Antworten nämlich Helene Bubrowski Marco Herack Nicole C. Karafyllis Sven
Murmann Ulv Philipper Haya Shulman Peter Unfried und Michael Waidner.