Kann Kunst heilen? Dieser Frage geht Jasmin Degeling mittels einer medienwissenschaftlichen
Neubestimmung von Michel Foucaults Konzepten der Techniken des Selbst sowie der Sorge um sich
nach und analysiert die Medien und Ästhetiken von Christoph Schlingensief und Elfriede Jelinek
als ästhetische Therapeutiken. Am Beispiel der späteren Arbeiten des Theater- Film- und
Aktionskünstlers Christoph Schlingensief zeichnet sich die moderne politische und ästhetische
Geschichte von Kunst als Medium der Therapeutik ab: Der Wunsch nach einer Gesundheit des
Denkens Empfindens wie Lebens verschränkt sich dabei mit der biopolitischen Geschichte
moderner ästhetischer Heilsprogramme. Schlingensiefs Versuch sich selbst zu heilen schreibt
sich in einen Komplex von Kunstreligion modernem Vitalismus und Kolonialgeschichte ein.
Elfriede Jelineks monumentaler Onlineroman »Neid (Mein Abfall von allem) - Ein Privatroman«
experimentiert mit literarischem Schreiben in virtuellen Räumen und entwirft einen
autobiographischen Roman der jeder Form literarischer Subjektkonstitution eine feministische
Absage erteilt. Diese Poetik erweist sich als Programm einer spezifisch modernen Sorge um sich:
Medientechnisch ermöglicht durch das Heilsversprechen eines von der Realwelt abgetrennten
Cyberspace übt Jelinek im Format des frühen Onlinetagebuchs eine digitale Askese in virtueller
Unendlichkeit Leere und Weite und gibt so Raum für eine komplexe poetische Reflexion des
Verhältnisses von Medien Empfindung und Subjektivierung. Die Studie rückt zeitgenössische
Medien der Sorge als Übungen der Heilung der Gesundheit und des Überlebens in den Blick und
verbindet diese mit einer Archäologie der ästhetischen und medialen Geschichte moderner
Konzepte von Gesundheit und Heilung.