Micha Brumlik ausgewiesener Autor zu jüdischen Themen mischt sich in die nicht enden wollende
Debatte ein die durch die Zuspitzung der Auseinandersetzungen in Israel Palästina im Mai 2021
und deren Nachhall hierzulande neue Brisanz gewonnen hat. Er greift die Anlässe der
Diskussionen um die aktuelle Ausbreitung von Antisemitismus auf stellt die Facetten der
Streitpunkte um den »Postkolonialen Antisemitismus« dar und analysiert die historischen
Hintergründe. Die Ausladung des afrikanischen Philosophen Achille Mbembe von der dann wegen
Corona abgesagten Ruhrtriennale 2020 hat den deutschen Blätterwald in einer Art und Weise
umgetrieben wie zuletzt nur im »Historikerstreit« zwischen Jürgen Habermas und Ernst Nolte der
Jahre 1986 87. Ging es damals um die Frage ob und wieweit der Nationalsozialismus mitsamt der
Judenvernichtung eine verständliche Abwehrreaktion wider den »Bolschewismus« war so geht es
jetzt um Israel und den Zionismus. Freilich war die Ausladung Mbembes keineswegs der Höhepunkt
der Debatte - so wurde etwas später israelischen Studierenden der Kunsthochschule in
Berlin-Weißensee die zum Schluss gekommen waren dass der Zionismus keine tragfähige Grundlage
für die Zukunft des Staates Israel ist ein entsprechender Workshop von der Hochschulleitung
unter Berufung auf den im Mai 2019 vom Deutschen Bundestag gefassten Anti-BDS-Beschluss
untersagt und ihre Ankündigung von der Website der Hochschule genommen. Bereits 2019 hatte die
israelische Regierung in Gestalt von Premier Netanyahu in einem Brief an Bundeskanzlerin Merkel
gegen eine Jerusalem-Ausstellung des Jüdischen Museums Berlin protestiert weil dort die
Zentralität Jerusalems für das Judentum und den Staat Israel nicht gebührend gewürdigt worden
sei. Im Anschluss daran entzog der Zentralrat der Juden in Deutschland dem Direktor Peter
Schäfer das Vertrauen und zwang ihn zum Rücktritt. Begründet wurde dies u.a. mit dem Vorwurf
dass er in der Akademie des Museums BDS-nahe Positionen dulde die in dem erwähnten
Bundestagsbeschluss als antisemitisch bezeichnet worden waren. Dieser Bewertung hielt der
Professor für Jüdische Geschichte an der Wake Forest University in North Carolina Barry
Trachtenberg entgegen dass die Panik angesichts der BDS-Bewegung von der wirklichen
antisemitischen Bedrohung durch Neonazis nur ablenke. All dies ereignete sich nach dem
antisemitischen Anschlag von Halle vom 9. Oktober 2019. Die Facetten dieser Streitpunkte um
»Postkolonialen Antisemitismus« stellt Micha Brumlik dar und bewertet die vorgebrachten
Positionen.