Zur vielfältigen literarischen Landschaft der Ukraine gehörte in der kurzen fruchtbaren Epoche
nach dem Ersten Weltkrieg ein Dichterkreis der sich klassischem europäischen Erbe
verpflichtet als Neoklassiker bezeichnete. Der Deutsch-Ukrainer Oswald Burghardt alias Jurij
Klen gehörte - mit Maksym Rilskyj Pawlo Fylypowytsch Mykola Serow und Mychajlo Draj- Chmara -
zu dessen Mitgliedern. In der Frühphase der sowjetischen Nationalitäten- und Kulturpolitik war
diese Gruppe Teil der kurzen Renaissance der ukrainischen Literatur. Mit dem jähen Ende der
Förderung der »multinationalen Sowjetliteraturen« gegen Ende der zwanziger Jahre wurden die
ukrainische Sprache und Kultur insgesamt zur Zielscheibe staatlicher Repression. Vertreter der
ukrainischen Literatur wurden auf einmal zu »Verdammten« - auch die Neoklassiker. Wie die
berühmtesten ukrainischen Autoren - darunter Walerjan Pidmohylnyj oder Majk Johannsen - fielen
auch sie Stalins Terror zum Opfer. Als zentrale Gestalt ukrainisch-deutscher
Kulturbeziehungen war es Oswald Burghardt der seinen Weggefährten und Freunden 1947 in
Deutschland ein Denkmal setzen wollte was nicht mehr zustandekam. Die Erstausgabe der von ihm
geplanten Anthologie aus seinem Nachlaß verdankt sich der Editionsarbeit von Nataliia
Kotenko-Vusatyuk (Kyjiw) und Andrii Portnov. Ein literarisches Portrait Jurij Klens - d. i.
Oswald Burghardt - von Dmytro Tschyshewskyj vervollständigt dieses außergewöhnliche
Editionsprojekt.