Romantische Texte beherbergen ein ganzes Bestiarium so alltäglicher wie absonderlicher Tiere:
vom Floh der zu einem Baron mutiert (Clemens Brentano) über den Hund der ein Verbrechen
aufklärt (Johann Peter Hebel) bis zum Affen der eine ganze Kleinstadt durcheinanderwirbelt
(Wilhelm Hauff). Ein Vogel der nicht nur singen sondern auch sprechen kann (Hans Christian
Andersen) findet sich hier genauso wie ein Kater der einen Mörder bis in seine schlaflosen
Nächte verfolgt (Edgar Allen Poe). Heinrich Heine hat das in einer Mischung aus Bewunderung
und Entsetzen den »blühenden Nachtigallen-Wahnsinn« der Romantik genannt. Und in der Tat
wirken die Tiere der Romantik oft phantastisch oder grotesk. Doch durch diese vielgestaltige
Fauna hindurch zielen die Romantiker auf zentrale Fragen ihrer Zeit: auf die Stellung des
Menschen in der Welt auf die gewaltdurchtränkte Kehrseite aufgeklärter Kultur und nicht
zuletzt auf die Möglichkeiten der Literatur selbst. So wird »die Zeit wo Vögel Tiere und
Bäume gesprochen haben« (Novalis) zum vergangenen Gegenentwurf dessen Umrisse sich nur noch
literarisch fassen lassen.