Sein Heim: Ein Erdloch im BlinnentalSein Traum: Selbstfindung und AllverbundenheitSein
Schicksal: Ausgrenzung und früher Bombentod«Des Nachts ging Donovan durchs Gebirge» so könnte
der erste Satz dieses Romans in Anlehnung an Büchners Lenz heissen. Während jedoch Lenz von
seinen inneren Gespenstern in den Wahnsinn getrieben wird ist es eine kompromisslose
Wahrheitssuche die Donovan ins Gebirge treibt sowie seine unstillbare Sehnsucht nach
Entgrenzung. In diesem Sohn eines englischen Vikars und einer spanischen Aristokratin der
tatsächlich existiert und zwischen 1929 und 1939 im Blinnental bei Reckingen in einem Erdloch
gehaust hat lebt Diogenes wieder auf. Und Don Quichotte nach dessen Vorbild er die Mühlen der
Konventionen bekämpft. Und der Simplicissimus wenn er wie dieser staunenden Auges und
Frauenkleider tragend die Schlachtfelder des menschlichen Wahnsinns durchläuft. Ein Bewunderer
der Eidgenossenschaft wird er von den Schweizer Behörden schliesslich ausgewiesen. Ein
Verehrer der deutschen Kultur kommt er zuletzt im Bombenhagel der Luftschlacht um England
um.Dem Autor ist es im briefarmen Zeitalter der Mails und SMS gelungen ohne die biographischen
Fakten zu verfälschen einen Briefroman zu schreiben der moderner nicht sein könnte. Beruhend
auf der historischen Grundlagenarbeit Ilse Carlens die dem Koffer - den der Engländer kurz vor
dem zweiten Weltkrieg beim Postmeister von Reckingen hinterlegte - in jahrelanger akribischer
Arbeit auf den Zahn gefühlt hat legt er ein belletristisches Werk vor das die Bezeichnung
«archäologische Seelenforschung» durchaus verdient.Womöglich wird seinen Roman dasselbe
Schicksal ereilen wie Donovans Koffer denn Freysinger ist ein Seelenverwandter des Engländers
und wie er ein Grenzgänger ein Eremit ein in die Marge gedrängter Schriftsteller.Wenn aber
Weltliteratur darin besteht individuelles Schicksal in eine universale Dimension zu erheben
dann gehört dieser Roman zweifelsohne in diese Kategorie.