Koinzidenzen gelten dann als glücklich wenn sie von beidseitigem Nutzen sind: Der Katalog
Haitte* - zu Besuch im Taut Haus dürfte wohl auch einer dieser seltenen Glücksmomente sein. Zum
einen weil Andreas Schmid und Julia Ziegler sich unabhängig voneinander für die kaiserliche
Shugakuin Villa in der Nähe von Kyoto interessierten. Und dieses 2020 zum Anlass nehmen um
sich mit Parallelen im Leben und Wirken des Architekten Bruno Tauts in einem seiner
Arbeiterhäuser künstlerisch auseinanderzusetzen. Zum anderen weil der Katalog der beiden
Berliner Künstler*innen nachträglich - im Rahmen eines sorgsam ausgestatteten Buches - die
Möglichkeit bietet die Ausstellung (noch) einmal zu entdecken die der Lockdown für die
meisten von uns verhinderte. Ich taste mit fühlendem Aug' und fühl' mit tastender Hand. (Goethe
Römische Elegien) Taut hatte sich schon lange vor '33 und seiner Vertreibung durch die Nazis
mit dem Thema Japan auseinandergesetzt. Ganz zu Beginn des Jahrhunderts als Künstler in Form
von Aquarellen später dann in seinem Buch Die neue Wohnung. Zunächst mag es vielleicht eher
eine Art Faszination gewesen sein ein idealisiertes Konstrukt wenn man so will später im
japanischen Exil wurde daraus jedoch eine profunde Auseinandersetzung die Taut in seinem Buch
People and Houses of Japan dokumentierte um die landestypische Bauweise nach Referenzpunkten
für die eigene Arbeit abzuklopfen. Ziegler und Schmid inszenieren den Aspekt des Konstrukts
gleichsam leicht und spielerisch schon im Entrée des Hauses wie Katrin Bettina Müller in ihrem
Vorwort schreibt: So waren die Sitzmatten im Erdgeschoss aus Papier und Gaffa-Tapenicht aus
Reisstroh der Teetisch aus Bauschaum und nicht aus edlem Holz wie auch das an Nylonfäden
schwebende Nebelregal' vor der blauen Wand im ersten Stock. Schmids Arbeiten die von der
Zeichnung und insbesondere der Linie geprägt sind fügen sich wunderbar dazu in das Raumgefüge
ein ganz gleich ob er dazu nun skulpturale Elemente (wie Klebeband oder Schnur) oder Malerei
Collage und Fotografie verwendet. Ziegler nähert sich dem Haus in dem sie die Zuordnung der
Räume vertieft. Ihre Darstellungen Symbole und installativen Elemente zitieren situativ die
japanische Kultur. Abstraktion und Gegenständlichkeit halten sich Waage gleichermaßen präsent
als Zeichen und Form. Die sorgsam aufeinander abgestimmten Arbeiten wie die Installationen
erzeugen einen klug durchdachten und doch immer wieder poetischen Dialog innerhalb der
architektonischen Bedingungen. Ziegler beschreibt das Ziel der Ausstellung so: In japanischer
Weise zu Gast zu sein und die Räume der Wohnfunktion symbolisch zurückzugeben. Nun das ist in
jedem Fall geglückt. Im Ästhetischen im Ethischen wie im Praktischen auch um ein Wort Tauts
zu paraphrasieren. Haitte - zu Besuch im Taut Haus lässt sich aber auch als ein gelungenes
Beispiel für die Kunst-Rezeption außerhalb des White Cubes lesen. Weil es Schmid und Ziegler
gelingt die Distanz zwischen Betrachter und Objekt aufzuheben. Und das in einem eigentlich
ganz gewöhnlichen Reihenhaus. Man wünscht sich mehr solcher Beispiele. Haitte - eine spannende
Wiederbegegnung mit dem Architekten Bruno Taut außerhalb des White Cubes * japanisch für herein
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