Wenn es so etwas gibt wie das ästhetische Überraschungsmoment einer Skulptur dann wäre es
hier dass die äußere Form der inneren einen Raum eröffnet den man so bislang nicht
wahrgenommen hat. Die Arbeiten die Karolin Schwab für "inside out | outside in"
zusammengetragen hat macht dies zu einer der vielleicht bemerkenswertesten jüngeren
Entdeckungen im Bereich Land-Art. Denn die junge Berliner Künstlerin nutzt Landschaft als eine
Art Framework für die Wahrnehmung von Fläche Struktur und Raum. Ihre Arbeiten erscheinen auf
den ersten Blick zunächst wie einzeln verstreute "land marks" einer imaginären Landkarte die
sich von der Ostsee über die Schweizer Alpen bis nach Virginia erstreckt. Schaut man jedoch
genauer hin ergeben sie eine faszinierende tour d'horizon die elementare Fragen der
Natur-Betrachtung reflektieren. Und dabei mitunter zu überraschenden Schlüssen kommt wie diese
kleine handschriftliche Notiz zeigt: Schwabs Arbeiten fesseln nicht nur durch die bestechend
schlichte Form sie tun es auch weil sich dahinter eine intensive Auseinandersetzung mit
physikalischen Gegebenheiten verbirgt wie der räumlichen Auswirkung von "Zeit" dem Wahrnehmen
von Form und selbstredend der Bedeutung der Perspektive dafür. In einer ihrer früheren
Arbeiten hat Karolin Schwab dazu ein Experiment des britischen Autors Edward Abbott zitiert
der diesen komplexen Zusammenhang anschaulich erläutert: "Place a penny on the middle of one of
your tables in space look down from the top of it. It will look like a circle. But then draw
back to the edge of the table and gradually lower your head and thus your eye (...) and you
will find the penny more and more oval and at the least (...) a straight line. (aus: Edward
Abbott "Flatland" 1884) Schwab bezeichnete Abbotts Überlegung mal als Schlüsselerlebnis. Und
es sieht so aus als würde sie den spielerischen Umgang mit Perspektive auch jetzt wieder wie
ein unsichtbarer roter Faden fortsetzen. Was sie daran so fasziniert? Nun darüber gibt eine
andere Notiz Auskunft. Denn: "Other ways of seeing lead to other ways of knowing." "inside out
| outside in" entpuppt sich so als gelungene Dekonstruktion des cartesianischen Raums und
zugleich formgewordenen Gegenentwurf. Die lose eingestreuten Notizen und Gedankensplitter tun
das Ihre dazu die Plastiken aus dem Bild- in den Sprachraum zu verlängern. Nicht dass die
Arbeiten das gebraucht hätten. Dennoch. Missen möchte man sie auf keinen Fall.