Jazz übte eine eminente kulturelle Wirkung auf zahlreiche Sphären der neuen Öffentlichkeit
Deutschlands nach der Befreiung 1945 aus und wurde zum Ausdruck eines komplexen Zeit- und
Lebensgefühls das weit über Liebhaberkreise hinaus Einfluss auch auf Literatur und Film
Debatten und Diskurse genommen hat. Das Buch zeigt in konzisen Lektüren der
unterschiedlichsten Zeugnisse - von Fan-Zines und Leserbriefen über Essays und Sachliteratur
Romane Hörspiele und Filme bis zu Zeitschriften wie "twen" oder mündlichen Überlieferungen aus
der "Exi"-Jugendszene - in welchem Maß Jazz durch seine enge Verknüpfung mit der radikal
kritischen dabei zugleich 'zurückgenommenen' Haltung des amerikanischen Cool gegenkulturelle
Virulenz zum restaurativen Geist der Adenauer-Ära entfaltet hat. Zugleich wird deutlich dass
diese Virulenz durch die besonderen Bedingungen im Westdeutschland der Nachkriegsjahre
spezifisch aufgerufen wurde. Zu diesen gerade an diesem Ort relevanten letztlich
unvermeidlichen Bedeutungsfeldern gerieten vor allem die Frage nach dem Rassismus die Frage
nach der nationalen 'Identität' und schließlich die Revision des Verhältnisses von Ethik und
Ästhetik durch eine radikale Ausdruckskultur. Jazz wird erkennbar als genuiner Ausdruck eines
zutiefst skeptischen Lebensgefühls - bis die charakteristische Haltung des Cool durch die des
lautstarken und aktivistischen Protestes einschließlich der sie begleitenden neuen
musikalischen Soundtracks abgelöst wurde.