Hein schreibt Zeitstücke und Gesellschaftsromane - von u. a. Cromwell und Horns Ende über den
Tangospieler bis Willenbrock und Unterm Staub der Zeit.Öffentlich arbeiten heißt ein früher
Band mit Essays des Schriftstellers Christoph Hein. Das trifft sein Literaturverständnis gut
leitet sich die Formel doch her vom Anspruch der Aufklärung über literarische Öffentlichkeit
politisch wirksam werden zu können ein Korrektiv zu sein für die Mächtigen. Das gilt für die
Verhältnisse in der DDR ebenso wie nach der 'Wende' in der gesamtdeutschen Bundesrepublik. Mit
hohem moralischem Anspruch nimmt Hein seit der Jahrtausendwende in den großen Romanen die
Missstände der Konsumgesellschaft und des ungebremsten Kapitalismus die Verlogenheit des
kleinbürgerlichen Milieus sexuelle Intoleranz das Scheitern des Rechtsstaates oder die Misere
des 20. Jahrhunderts insgesamt in den Blick. Immer erweist sich das individuelle Leben als
zerbrechlich unter den herrschenden Verhältnissen auch wenn das Schicksal von Flüchtlingen
beleuchtet oder der Terrorismus der RAF aufgearbeitet wird. Im Registrieren der Begebenheiten
zeigt sich das Negative die Hoffnung liegt invers im dargestellten Verfall weil das Andere
darin bereits aufscheint. Am 8. April 2024 feiert Christoph Hein seinen 80. Geburtstag - ein
guter Anlass für eine völlige Neufassung des lange vergriffenen TEXT+KRITIK-Heftes 111 das
1991 erschien und natürlich vor allem seinem Schreiben und Wirken in der DDR gewidmet war. Die
Neufassung des Heftes enthält neben Analysen zum neueren Werk Heins auch Beiträge zu seien
frühen Jahren zu poetologischen Fragen zu den Kinderbüchern und zum Zeitkritiker Hein sowie
ein Gespräch mit dem Autor. Mit seinen Theaterstücken die sich für die treibenden Kräfte der
Geschichte interessieren (und für deren Subjekte) sowie mit Prosatexten über den entfremdeten
Alltag in hochentwickelten Industriegesellschaften wurde Hein zu einem der wichtigsten
kritischen DDR-Autoren. Für sich selbst reklamiert er zwar nur die Rolle eines Beobachters und
Beschreibers - eines 'Chronisten ohne Botschaft'. Er gestaltet diese Rolle allerdings so dass
es für Publikum und Leser kaum Alternativen zu einem moralischen Positionsbezug gibt. Die Rolle
des kritischen Chronisten von Geschichte und Gegenwart hat er auch nach der deutschen
Vereinigung nicht aufgegeben. Hannes Krauss (Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen
Gegenwartsliteratur - KLG).