Zu Hause oder auf Reisen Sarah Kirsch schrieb Tagebuch. Früh morgens zwischen fünf und sechs
kocht sie sich »Koffie« und füllt ihre Kladden berichtet Persönliches und Politisches
Triviales und Tragisches. Das Radio bringt die Nachrichten ins schleswig-holsteinische Idyll am
Eiderdeich - in dem Kirsch seit 1983 mit Sohn Partner Hund Katzen Esel und einigen Schafen
lebt - und veranlasst die Dichterin zu schonungslosen und besorgten Kommentaren. Sie hält fest
was in der Welt und in der Natur vor ihrem Fenster los ist: Frost im Frühling grasende
Ringeltauben eilig fahrende Wolken bei Windstärke 6 Ausschreitungen in Rumänien die
Unabhängigkeitsbestrebungen Litauens die Regierungsbildung in der DDR das Fährunglück
zwischen Dänemark und Norwegen. Misteldrosseln und Militärkolonnen - auch hier gilt was Iris
Radisch über Sarah Kirschs Wendetagebuch Ich will nicht mehr höflich sein schrieb: »steht das
große Welttheater gleichrangig neben dem kleinen Provinztheater in Tielenhemme«.