Viel zu lange waren die grauenvollen Dersim-Vorfälle genannten Ereignisse und insbesondere
ihre Ursachen und Hintergründe von Leugnung und Verdrängung oder gar von unterstellungsreichen
Rechtfertigungen geprägt. Vor allem in den letzten Jahren sind aber zahlreiche wissenschaftlich
belastbare Publikationen zu Dersim und seiner jüngeren Geschichte erschienen. Dank dieser
Veröffentlichungen kommt die Wahrheit um diese Ereignisse endlich immer weiter ans Tageslicht.
In dem vorliegenden Werk Und sie zündeten das Wasser an führt uns der Autor Haydar Beltan auf
eine historische und unendlich traurige Reise nach Dersim. In jenes Dersim der 1930'-er Jahre
das mit seiner heterogenen Gesellschaftsstruktur und seinen multi-ethnischen Kulturen für das
Regime der neuerrichteten Cumhuriyet der Türkischen Republik und ihrer zukünftigen
Architekturplanung eine unzumutbare Abweichung darstellte. Die im Osten Anatoliens gelegene
Region Dersim war nicht nur Heimat für Kurden Kurmanç-Zazas Turkmenen und Armenier in der
sie als Kizilbas Christen oder Muslime zumeist einträchtig zusammenlebten sondern auch eine
eigene Ankara ferne sich selbst regulierende Welt. Doch mit der Errichtung der Türkischen
Republik setzte in Dersim eine rigide und weitreichende und tiefgreifende Assimilations- und
Verdrängungs- ja eine Vernichtungspolitik ein: Ein zutiefst unheilvoll beseelter Geist ein
Staat der auf seinem Herrschaftsgebiet Kulturen Gemeinschaften und Identitäten die von
seinen Normen Plänen und Visionen abwichen gleich als Feinde betrachte ging sehr bald dazu
über Massenmorde Massaker und schließlich ein Verbrechen in Völkermorddimension zu begehen.
Das Regime erklärte die Region Dersim zur Hauptquelle eines vermeintlichen staatsbedrohenden
Übels hatte damit die Dersim-Angelegenheit formuliert und für dessen Lösung die planmäßige
Ermordung der Einwohner dieser Region eingeleitet. Das Staatsverständnis der Türkischen
Republik fußte vor allem auf einer alleinigen türkischen Staatsbürger-Identität und dem
sogenannten Pan-Turkismus. Was ein derart orientierter Staat und sein Staatsprinzip ein Glaube
eine Rasse eine Sprache insbesondere für Dersim und seine Völker bedeuten würde sollten die
Menschen dort bald mehr als schmerzlich erfahren und erleiden. Unsagbar grauenvolle Verbrechen
so schrecklich dass selbst die staatlichen Beobachter und Agenten sich genierten das wahre
Ausmaß zu bezeugen und zu melden. Haydar Beltan ist es auf eindrucksvolle Weise gelungen eine
mitreißende Geschichte zu erzählen und den Leser tief zu berühren ohne dabei Dersim und seine
Menschen aus ihrem historisch-authentischen Kontext und ihrem Alltagsleben herauszulösen.
Vielmehr vermag Beltan die Ereignisse und ihre vielfältigen Geschichten in das soziokulturelle
Leben der Sippenverbände und Mitglieder hineinwirken zu lassen und auf diese Weise eine hohe
historische Authentizität zu wahren. Dadurch gelingt es dem Autor uns nicht nur zu dem
unbeugsamen Geist der Berge Dersims hinaufzutragen sondern uns auch absolut glaubwürdig die
Wahrheit der Ereignisse zu vermitteln. In seinem Roman Und sie zündeten das Wasser an lässt
Beltan den Leser das Geschehen durch eine innere Perspektive betrachten. So fügen sich die
Massaker das unsägliche Leid der Widerstand und der Verrat kurzum alles was zählt nahtlos
zu einem tragischen Bild zusammen. Wir erleben wie die Militärkräfte in Dersim keinen Stein
mehr auf dem anderen lassen. Erbarmungslos verfolgen und jagen sie die Flüchtenden bis in die
entlegensten Höhlen ehe sie die Wehrlosen auch dort noch mit Giftgas ermorden. Und wir erleben
dass viele Menschen Dersims sich dennoch auch der schrecklichsten Gewalt nicht beugen sondern
erbitterten Widerstand leisten. Allerdings werden wir auch Zeugen von Stämmen und ihren Führern
die mit der Regierung kollaborieren und so Verrat an ihrem eigenen Volk am Ende auch ihrem
eigenen Schicksal begehen. Und wir erfahren welchen maßgeblichen und verheerenden Einfluss das
hier angewendete Teile-und-herrsche-Prinzip der Regierung auf diese tragischen Ereignisse
hatte. Diese Zusammenhänge eindrucksvoll und klar wiedergeben zu können ist die ganz besondere
Leistung dieses Buchs. Beltan schildert eine unfassbare Tragödie die nichts anderes ist als
eine ethnische Säuberung eine Politik des Völkermords. Ein solches Verbrechen das auch in
Dersim begangen wurde wie viele andere Massenverbrechen aus unserer traurigen neueren
Geschichte muss unbedingt Eingang in das Bewusstsein der Menschen finden auf der ganzen Welt!
Denn Verbrechen gegen die Menschlichkeit ganz gleich wo sie begangen werden werden immer
gegen die gesamte Menschheit begangen und betreffen jeden Einzelnen von uns in der ganzen
Welt. Daher müssen die Weltgemeinschaft und die Weltenfamilie endlich auch von den in Dersim
begangenen Verbrechen erfahren. In diesem Zusammenhang ist eine Übertragung ins Deutsche
unbedingt erforderlich. Gerade in einer Welt in der Kriege und ethnische Ko