Eine herausragende Stellung nimmt dieses Seminar insofern ein als es die einzige ausführliche
sowohl systematische als auch genetische Ausarbeitung der Lacan'schen Konzeption der »Vier
Diskurse« vorlegt. Lacan unterscheidet zwischen dem »Diskurs des Herrn« der der Philosophie
nahesteht dem »Diskurs der Hysterischen« dem »Diskurs des Analytikers« und dem »Diskurs der
Universität«. Jeder dieser Diskurse ist durch einen spezifischen Modus der Produktion von
Wissen und dessen Verhältnis zur Wahrheit bestimmt alle vier Diskurse lassen sich auf Grund
festgelegter Plätze und Funktionen auf eine geregelte Weise auseinander entwickeln. Von Belang
ist die Rezeptionsgeschichte: Anfang der 1970er Jahre wurde die Lacan'sche Konstruktion im
Rahmen einer allgemeinen Begeisterung für Diskurstheorien sehr breit aufgegriffen allerdings
da man sich damals nur auf verkürzte und schematische Darstellungen in anderen Zusammenhängen
durch Lacan selbst oder auf Sekundärliteratur berufen konnte in einer sehr technischen Weise.
Als 1991 die französische Buchfassung des Seminars erschien war diese erste Rezeptionswelle
weitgehend versiegt. Eine deutsche Übersetzung wurde damals durch Streitigkeiten blockiert. Sie
erscheint jetzt mit mehr als 30 Jahren Verspätung. Was indes einen Vorteil hat da nunmehr auch
das vorausgehende Seminar XVI »Von einem Anderen zum anderen« das für das sachliche
Verständnis dieses Seminars unerlässlich ist auf Deutsch vorliegt.Neben Überlegungen zum
Status der Wissenschaft im alltäglichen modernen Leben findet man als weiteren Schwerpunkt eine
Auseinandersetzung mit Freuds Moses-Deutung. Und Lacans berühmter Auftritt 1969 vor den
revoltierenden Studenten in Vincennes ist in dem Band enthalten.