Carl Reinecke (1824-1910) war die zentrale Figur im Leipziger Musikbetrieb des späten 19.
Jahrhunderts: Als langjähriger Gewandhaus-Kapellmeister Professor für Komposition und weitere
Fächer am Leipziger Konservatorium sowie Gutachter Arrangeur und Herausgeber für den damals
weltgrößten Musikverlag Breitkopf & Härtel übte er einen beträchtlichen Einfluss auf das
städtische und überregionale Musikleben aus. Außerdem war er ein sehr produktiver Komponist
dessen über 300 Werke in diversen vor allem Leipziger Verlagen erschienen und zu seinen
Lebzeiten häufig gespielt wurden. Trotz seiner zentralen Position war Reinecke wegen seiner
konservativen Haltung umstritten. Aus einer einseitig am Fortschrittsprinzip orientierten
Perspektive wurde ihm vorgeworfen nur ein Sachwalter des klassisch-romantischen Erbes zu sein.
Der Aufstieg Leipzigs zur 'Musikstadt' seit dem frühen 19. Jahrhundert wurde jedoch
entscheidend durch die enge personelle und strukturelle Vernetzung der ortsansässigen
Musikinstitutionen bestimmt. In Reinecke fand diese Vernetzung ihre idealtypische Ausprägung.
Der Sammelband beleuchtet Reineckes Leipziger Netzwerke sowie einige charakteristische zum
Teil wenig bekannte Felder seines Schaffens aus neun unterschiedlichen Perspektiven. So ist ein
markanter Baustein zu vertiefter Würdigung und Wertschätzung von Werk und Wirken des
Gewandhaus-Kapellmeisters der 35 Jahre und damit so lange wie bisher kein anderer das Amt
bekleidet hat entstanden.