[Le Petit Prince mit den Zeichnungen des Verfassers übertragen von Heinz Schwarzinger nach
der Ausgabe Éditions Gallimard Paris 1946-2016] Der kleine Prinz - eine Herzensangelegenheit
Nachwort zur Neuübertragung A rose is a rose is a rose is a rose ... Die Formel Gertrude Steins
könnte auf Saint-Exupérys Märchen gemünzt sein so geheimnisvoll bleibt das allzu menschliche
(weibliche) Symbol auf dem Asteroid-Planeten B 612. Wie die meisten vielschichtigen Texte rief
er so manche Deutung und Auslegung hervor historische biographische und tiefenpsychologische
Interpretationen. Was mich jedoch am stärksten berührte und interessierte war der
undefinierbare Zauber der ungeheure Charme dieser Erzählung. Wie kommt es dass sie so viele
Menschen fasziniert? Der kleine Prinz steht hinter Bibel und Koran mit über 140 Millionen
verkauften Exemplaren an dritter Stelle auf der globalen Bestsellerliste er ist in - je nach
Quelle - 140 bis 260 Sprachen Dialekte usw. übersetzt worden zuletzt in die interstellare
klingonische Kunstsprache: ta'puk mach ... Um der Sache auf den - poetischen - Grund zu gehen
übertrug ich sie in die deutsche Sprache mit ihren heutigen rhythmischen und syntaktischen
Strukturen mit ihrem gegenwärtigen kürzeren Atem als vor 70 Jahren. Auch der lexikalische
Bereich ist dem heutigen Gebrauch angenähert jedoch ohne brutale Eingriffe in das eher zarte
Sprachgefüge des Originals. Ist die erste Übersetzung (von Grete und Josef Leitgeb erschienen
1950) trotz einiger Irrtümer und Abweichungen relativ textgetreu so bekam sie naturgemäß immer
mehr Patina und liest sich heute als wäre sie schwerfällig. Und auf die Lesbarkeit kommt es
sehr stark an. Meine Erforschung des Textes ging hauptsächlich in diese Richtung: Wie sensibel
wie harmonisch verläuft die Vermittlung der Worte und Bilder an durch den (Vor-)Leser wie sehr
ist er durch dieses moderne Märchen in den Bann gezogen? Wie stark bilden sich die Fäden aus
zwischen den fiktiven Figuren und Landschaften einerseits und dem Zuhörer in der Jetztzeit?
Pulst dieses Gefühl der Freundschaft der Liebe - und der Trauer - in ähnlich unsentimentaler
Weise durch die Erzählung wie zur Entstehungszeit? Was liegt noch hinter dem Sog dieser
Geschichte wie lässt sich das Unausgesprochene hinter den Worten erahnbar erfühlbar machen?
Da ich vor allem Theater übersetze habe ich mit der Zeit ein Gehör für ebendieses Ungesagte
entwickelt. Mit eher unscheinbaren Worten immer eng am Original entlang galt es die
literarische Form und die Melodie herzustellen - hier eigentlich mehr Rhythmik als Melodie. Im
Original schwankt der Text stets zwischen verschiedenen Sprachebenen und -rhythmen wenn das
lexikalische Niveau dabei auch ziemlich konstant bleibt und kaum je ins Umgangssprachliche
kippt. Das konnte ich im Deutschen beibehalten und durchaus nachvollziehen und derart so hoffe
ich einen deutschen Originaltext schaffen der die gleiche Wirkung wie der französische hat:
Traumhaftes wirklich erscheinen zu lassen Märchenhaftes real. (Heinz Schwarzinger)