Bei diesem Band handelt es sich um eine Sozialgeschichte der Sammlungen der Wiener
Medizinischen Fakultät im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert. Diese Perspektive galt bisher
als Desiderat der medizinhistorischen Forschung. Die Schwerpunkte der Darstellung liegen auf
den Wahrnehmungen der medizinischen Sammlungen der Einbindung der Präparate in Forschung und
Lehre sowie auf den unterschiedlichen Akteuren und deren bewussten und unbewussten Arbeit an
den anatomisch-pathologischen Kollektionen der Wiener Medizinischen Fakultät um 1800. In diesem
Sinne werden die wissenschaftlichen Objektwelten im Wiener Kontext anhand einer umfangreichen
und sorgfältig ausgewählten Quellenbasis als Prozess und soziales Phänomen untersucht und damit
ein innovativer Beitrag zur Sozialgeschichte der Medizin geleistet.Im 18. und 19. Jahrhundert
besaß jede medizinische Fakultät und Akademie in Europa die am wissenschaftlichen Puls der
Zeit sein wollte neben Anatomischen Theatern Laboratorien und botanischen Gärten auch
anatomisch-pathologische Präparatesammlungen. Diese waren einerseits Produktions- Lehr- und
Inszenierungsorte für medizinische Wissens- bzw. Kulturformen und andererseits
Kristallisationspunkte einer zeitgemäßen akademischen Lehre und Forschung. Ausgehend von einem
bildungspolitischen Reformprojekt im Wien um 1800 führt der vorliegende Band zu den
medizinischen Sammlungsorten der Universität Wien im ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhundert
und folgt den vielfältigen Wegen der unterschiedlichen Akteure und anatomischen Präparate.
Dabei geraten Mediziner in das Blickfeld die Bildungsreisen absolvierten und ihre Eindrücke
publizierten oder Studierende welche mit viel wissenschaftlichem Engagement an und mit den
Sammlungen arbeiteten. Netzwerke von Anatomen Ärzten Hebammen Anatomie-Dienern Prosektoren
Studierenden und Bürokraten im Universitäts- und Gesundheitswesen werden ebenso sichtbar wie
deren bewusste bzw. unbewusste Beiträge zu den Sammlungen der Wiener Medizinischen Fakultät um
1800.[Enzyklopädisches Stichwort]