Es ist ein erregendes Gefühl vor einem leeren Blatt zu sitzen das man am Arbeitstisch vor sich
hat ohne zu wissen oder zu planen was darauf gezeichnet gemalt oder geschrieben werden
wird.Nur der Antrieb zu einer Bedeckung ist da der aber unabweisbar.In solcher Situation
befinde ich mich oft. Auch jetzt. Anton Wichtl (1920-1979) gehört jener verlorenen Generation
österreichischer Kunstschaffender an deren Lebensdrama allein schon durch den Jahrgang ihrer
Geburt festgeschrieben und vorgegeben war. In voller Blüte wurden sie aus Familie Ausbildung
oder Studium gerissen und daran gehindert ihr Talent voll zur Ausprägung zu bringen. Anton
Wichtl diente all die Jahre des als tausendjährig propagierten Reiches von 1938 bis 1945 er
wurde verwundet von den Ereignissen gezeichnet doch er überlebte und trat wieder in ein
ziviles Leben ein. Mit dem Wunsch einst einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft zu
leisten absolvierteWichtl nicht seinen Neigungen gemäß das Studium der Kunst sondern jenes
der Architektur - ein verhängnisvoller Fehler wie sich bald herausstellen sollte.
Bauherrenwünsche behördliche Vorschriften und ökonomische Fragen bestimmten den Berufsalltag
in dem ein Künstler wie Wichtl dem die dafür nötige dicke Haut fehlte einfach scheitern
musste. Beschäftigt in Baubüros und schließlich als selbständiger Architekt wurde er im
Räderwerk der Zwänge und der Bürokratie regelrecht aufgerieben. Es galt eine Änderung seiner
Situation herbeizuführen oder vollends vor die Hunde zu gehen. Mitte der 1960er Jahre sattelte
er schließlich ganz auf die bildende Kunst um die er stets schon nebenbei betrieben hatte. In
den etwa 15 Schaffensjahren die Wichtl bis zu seinem frühen Tod verblieben entstand ein
beeindruckendes hunderte Gemälde und abertausende Zeichnungen umfassendes uvre. Zwar wurde es
schon zu seinen Lebzeiten durch Ankäufe etwa der Albertina und des Niederösterreichischen
Landesmuseums gewürdigt große Anerkennung und Bekanntheit über die Grenzen seiner
Heimatgemeinde Baden bei Wien hinaus blieben ihm jedoch versagt. Zurückgezogen lebend und an
der Gesellschaft kaum und mehr widerwillig teilnehmend führte Wichtl eine Existenz im
Schatten. Auch nicht bereit für Schattensprünge blieb ihm weiter nichts als mit dem Zustand
zu hadern und daraus Energie für sein gewaltiges und kraftvolles bildnerisches und
literarisches Schaffen zu ziehen. (...) (Wolfgang Krug & Jutta M. Pichler in der Vorbemerkung)