I'll tell you what freedom is to me. No fear. (Nina Simone) Martin Praska - Short Stories. Eine
Entgleisung Natürlich hat jedes Bild seine eigene Geschichte. Was denken Sie? Aber ich werde
mich hüten Sie Ihnen auf die Nase zu binden. Auch ein Künstler hat seine Privatsphäre. Und die
Bilder - zumal selbst gemalte - sind eine intime Angelegenheit. Dass ich sie öffentlich zur
Schau stelle ist des Exhibitionismus genug. Allfällige Deutungsversuche müssen zwingend an
professionelle Stellen delegiert werden von denen man sich gegebenenfalls auch wieder
distanzieren kann. Als da sind studierte Kunsthistoriker und Theoretiker und Philosophen. Die
Psychologen und Soziologen nicht zu vergessen! Ich meine das gar nicht despektierlich im
Gegenteil gehe ich doch gerne selber dem allzumenschlichen Bedürfnis nach partout immer und
überall etwas erkennen zu wollen und aus dem Gesehenen meine Schlüsse zu ziehen. Ein Produkt
der Evolution letzten Endes. Für das Gewitter muss der alte Zeus verantwortlich sein.
Wahrscheinlich ist er wieder wütend. Ach ja die griechische Mythologie! Heute wissen wir es
besser. Es war der liebe Gott. Die Aufklärung hat nämlich dem Aberglauben den Kampf angesagt.
Und sie hat damit nicht nur die moderne Physik sondern auch die moderne Kunst erst ermöglicht.
Denn da wie dort lautet seitdem das Prinzip Trial and Error. Versuch und Irrtum. Hatten zuvor
noch Heilige Propheten und Könige das Sagen so betrat nun mit einem Mal das Genie diverser
Herkunft diverser Körperlichkeit und diverser Persönlichkeitsstrukturen die Bühne. Das
Individuum zweifelhaftes Subjekt menschlicher Verfasstheit brachte ganz eigene und immer neue
Vorstellungen von Gut und Böse Richtig oder Falsch aufs Tapet. Wissenschaft und Kunst wurden
demokratisiert ja am Ende sogar die Heilkunde. Und alle wurden sie sogleich auch zur
Diskussion gestellt. Aber damit auch fehleranfällig weil kritisierbar. Das ist gut denn aus
Fehlern wird man klug. Was dagegen keinen hat das ist wahrscheinlich ein einziger solcher. Ein
Irrtum. Denken Sie nur an die Homöopathie! - Ich schweife ab. Verzeihung! Eine angeborene
Konzentrationsschwäche. Nicht ohne Grund habe ich Kunst studiert und nicht Juristerei. Was
wollte ich sagen? Wir sind geneigt lieber zu finden als zu suchen. Wir wollen alles und jedes
auseinander dividieren und nach Verwertbarkeit sortieren trennen wie unseren Hausmüll. Aber
natürlich auch neu kombinieren und zusammendenken was sich gefunden hat und sich bindet bis
dass der Tod es scheidet. Träumen Sie manchmal von einer brennenden Scheune? Na da haben Sie
aber eine lebhafte Libido! Leiden Sie unter Kopfschmerzen? Sie denken zu viel. Haben Sie einen
harten Stuhl? Nehmen Sie ein Polster! Jeder Furz hat etwas zu sagen und alles muss irgendwie
eine Bedeutung haben. Sogar das Leben von Tante Hildegards Pudel. Die ewige Sinnsuche hat
Religionen geschaffen die wir - einmal rechtzeitig verabreicht - so leicht nicht mehr
loswerden. Dann kamen auf einmal Wassily Kandinsky und der andere Russe wie hieß er gleich
der mit dem schwarzen Quadrat daher und haben gemalt was nicht zu sehen war doch jeder zu
erkennen glaubte. Endlose Assoziationsketten! Lesen Sie diesen Text zuende! Schwadronieren und
Spintisieren auf höchstem Niveau. Ich meine das nicht despektierlich. Das auch nicht. Ich
arbeite so. Mische und mixe nach Gutdünken wie ein Disc Jockey. Die abstrakte und informelle
künstlerische Praxis hat der Neigung zum Fabulieren zwar entgegenzuwirken versucht umso mehr
aber ist darob die Interpretationslust erst zur Blüte gelangt. Der Schuss ging nach hinten los.
Und Susan Sontag die Grande Dame der Kopflastigkeit wurde ungehalten. Wie ein Wutausbruch
mutet da ihr Spruch an wir bräuchten keine Hermeneutik sondern mehr Erotik in der Kunst. Also
mehr Sinnlichke