Mit der Premiere von Shakespeares König Lear am Wiener Burgtheater im Dezember 2013 hat
Österreichs einziger Weltschauspieler den Gipfel erreicht. In den vergangenen Jahren hat KMB
einen atemberaubenden Werkkatalog vorgelegt.Auf die Titelrolle in Lessings Nathan der Weise an
der Burg folgte Schillers Wallenstein Kleists Dorfrichter Adam der blinde Ödipus auf Kolonos
zuletzt der Bananen verschluckende Krapp in Becketts Das letzte Band.Das Rätsel Lear enthüllt
die Konturen von Brandauers Theaterkunst zur Gänze. Sichtbar wird dabei das Bemühen eines auch
in Hollywood nachgefragten Stars die Fragestellungen der Theatertradition in ein neues
überraschendes Licht zu rücken.Nur die Einsamkeit des in die Nacht der Vernunft stürzenden Lear
macht die Anlage von Brandauers Kunst deutlich. Diese ist ein Langzeitprojekt. Sie zeigt
Potentaten und enthüllt dennoch republikanische Gesinnung. Mit sparsamen Stimmmodulationen und
wenigen Gesten führt KMB hinein ins Zentrum seiner Figuren. Er wirbt als Verführer. Er
provoziert die Zustimmung des Publikums indem er es auffordert mit ihm ein Einsehen zu haben.
Ronald Pohls Buch ist die Nachzeichnung eines Gipfelsturms in mehreren verblüffenden Anläufen.
Zu Wort kommen Weggefährten wie Hans Neuenfels Peter Stein und Brandauer selbst. Skizziert
wird nicht nur das Werk eines kontrovers diskutierten Einzelgängers sondern das Vorhandensein
eines Traditionsstranges den man so nicht als gegeben vermutet hätte. In Brandauers
Schauspielkunst kulminieren Entwicklungen aus Surrealismus Epischem Theater und sogar aus der
Schwarzen Romantik.