Offensichtlich hatten Jean-Philippe Rameau und sein Librettist Louis de Cahusac dem Pariser
Publikum mit der Tragédie en musique Zoroastre einfach zu viele Neuerungen auf einmal
zugemutet: eine Oper ohne Prolog eine Handlung die nicht der antiken Mythenwelt oder
mittelalterlichen Rittersagen entnommen war die Ouvertüre als philosophisches Programm
Klarinetten als neue Klangfarbe im Orchester und - jetzt kommt die schlimmste aller
avantgardistischen Zumutungen: Zoroastre wagt es eine unverblümt moralische soziale und
philosophische Oper zu sein in der die Liebesgeschichte eine untergeordnete Rolle spielt!
Entsprechend kühl und ablehnend wurde 1749 die eigentlich mit Starbesetzung und viel Aufwand
produzierte Premiere aufgenommen. Nachdem alle etwas an dem Werk auszusetzen hatten wurde das
Stück nach wenigen Vorstellungen abgesetzt. 1756 überarbeitete Rameau di e Oper hinsichtlich
Ausrichtung Handlung und Orchestrierung so gründlich dass man ohne Übertreibung von zwei
verschiedenen Werken sprechen kann. Die avantgardistischere Fassung von 1749 in welcher der
Titelheld dem Tamino aus Mozarts Zauberflöte verblüffend ähnelt verschwand in der Versenkung
und wurde selbst in unserer Zeit im Rahmen der großen Rameau-Renaissance auf der Bühne und dem
Tonträger zugunsten der gefälligeren Zweitfassung einfach übergangen. Alexis Kossenko
spätestens seit der Wiederbelebung von Acante et Céphise Spezialist für den zu Unrecht
vernachlässigten Rameau nimmt die Herausforderung gerne an dessen avantgardistischste Oper
der unverdienten Vergessenheit zu entreißen. Begleitet wird er dabei mit viel Elan von seinem
Ensemble Les Ambassadeurs und einer luxuriösen Besetzung herausragender Sänger:innen wie
Véronique Gens Jodie Devos Reinoud Van Mechelen Mathias Vidal und Tassis Christoyannis.