1763 kehrte der über achtzigjährige Rameau mit der ?Tragédie lyrique? Les Boréades zur
prestigeträchtigsten Gattung der französischen Oper zurück. Anlass war das Ende des
Siebenjährigen Krieges das man mit dem Werk zu feiern gedachte. Doch als Rameau während der
Proben starb ersetzte man das Stück kurzerhand durch Ismène et Isménias von Jean-Benjamin de
Laborde (1734-1794). Die Gründe waren vielschichtig: Laborde war zu jener Zeit ein
erfolgreicher Modekomponist und Günstling der einflussreichen Madame Pompadour. Das Libretto
stellte zudem zu sehr die Freiheit in den Mittelpunkt und ist gespickt mit zahlreichen
Anspielungen auf die Freimaurerei ? Themen die am französischen Hof damals nicht wohlgelitten
waren. Oder spielte doch die verstörende Modernität der Partitur eine Rolle? Gleich die
Ouvertüre geht nahtlos in die Handlung über die Einleitung zum fünften Akt erinnerte John
Eliot Gardiner sogar an Anton Webern! Die extrem hohen Anforderungen an das Orchester und die
Sänger dürften die Verantwortlichen damals bestimmt zusätzlich in ihrer Entscheidung bestätigt
haben die Oper abzusetzen. Für uns heute ist sie dagegen ein Wunder ein Alterswerk das
hinsichtlich der Inspiration keinerlei Ermüdungserscheinung oder Altersmilde aufweist sondern
vielmehr mit einer geradezu jugendlich anmutenden Hitzköpfigkeit den Hörer überwältigt. Die
Einspielung mit Václav Luks und seinem Collegium 1704 besticht durch eine exzellente junge
Sängerbesetzung und vermag nicht nur die Modernität sondern auch die überwältigende Schönheit
dieses letzten Meisterwerks aus der Feder Rameaus zu vermitteln.