Johann Sebastian Bachs Johannes-Passion BWV 245 zählt zweifellos zu den großartigsten
Vertonungen der Leidensgeschichte Jesu Christi in der Musikgeschichte. Für seine erste Passion
als Leipziger Thomaskantor zog der Komponist alle musikalischen Register so finden sich im
Orchester auch ausgefallene Instrumente wie Oboe da caccia zwei Viole d'amore und Laute.
Anders als im Fall der Matthäus-Passion BWV 244 existiert von der Johannes-Passion allerdings
keine endgültige Fassung denn sie erlebte zu Bachs Lebzeiten mehrere grundlegende
Umgestaltungen durch den Komponisten wodurch verschiedene Varianten des Werks rekonstruierbar
sind. Nach wie vor am häufigsten aufgeführt und eingespielt wird die traditionelle Fassung der
teilweise autographen Partitur doch eine hochinteressante Alternative findet sich in der
spätesten Variante von 1749. Bei dieser hier eingespielten Version kehrte Bach zwar in vielen
Details zur ursprünglichen Fassung zurück doch ordnete er beispielsweise Änderungen bei der
Instrumentierung an: So strich er die vermutlich nicht mehr verfügbare Laute und ersetzte die
zwei Viole d'amore durch gedämpfte Violinen. Neu hinzu kam ein 'bassono grosso' ein
Kontrafagott. Es finden sich aber auch bedeutende Textänderungen in den Arien. Zudem wird
deutlich dass die Sänger der Rollen die Chöre und Choräle nicht mitsingen sollten.
Offensichtlich experimentierte der alte Bach bei seiner letzten dokumentierten Darbietung der
Johannes-Passion also mit einer Aufführungspraxis die deutlich näher an derjenigen des 19.
Jahrhunderts war als wir dies heute gemeinhin annehmen. Hans-Christoph Rademann legt hier
gemeinsam mit der Gaechinger Cantorey eine exemplarische Einspielung dieser Spätfassung vor
die sich auf die minutiös erarbeitete neue kritische Ausgabe im CARUS-Verlag stützt. Ein
exzellentes Solistenensemble macht die Einspielung zusätzlich zum Muss für jeden Liebhaber der
Musik Bachs!