Joseph Haydns spätes Oratorium Die Jahreszeiten (1801) stand nicht nur hinsichtlich der
Entstehungszeit sondern auch bezüglich der Gunst der Kritik und des Publikums lange an zweiter
Stelle hinter der Schöpfung von 1798. Das lag allerdings nicht an der Musik Haydns vielmehr
haderte man bereits kurz nach der Uraufführung mit dem Text von Gottfried van Swieten (selbst
Haydn war angeblich nicht immer glücklich mit der Vorlage) sowie mit dem als zu weltlich
angesehenen Sujet welches das Werk angeblich zu sehr einem volkstümlichen Singspiel als einem
großem Oratorium ähneln lassen würde. Heute betrachtet man das etwas differenzierter denn Die
Jahreszeiten und Die Schöpfung sind jedes für sich Meisterwerke der Gattung Oratorium in der
Zeit der späten Wiener Klassik und stehen in enger geistiger Verbindung zueinander: Führt Die
Schöpfung das Werde n der Welt gemäß dem Buch Genesis vor Augen so geht es in Die Jahreszeiten
um ihre Existenz und das zyklische Werden und Vergehen der Natur im Ablauf des Jahres. Diese
musikalische Reise durchs Jahr gehört mit ihren eindringlichen Naturschilderungen zu den
bedeutendsten Klangschöpfungen des Komponisten. Haydn knüpft in seinem genialen Alterswerk zwar
vielfach an Formelemente aus der Schöpfung an führt diese aber in eigenständiger und
erfrischend kreative Weise weiter. Zum Reichtum der musikalischen Inspiration kommt so eine
bemerkenswerte Vielfalt der musikalischen Form die dem Hörer alles in allem ein Höchstmaß an
Abwechslung beschert. Unter der Leitung von Marcus Creed folgt die hier vorliegende Einspielung
mit dem Orpheus Vokalensemble renommierten Solistinnen und Solisten (Ilse Eerens Sopran
Werner Güra Tenor und André Morsch Bass) sowie dem exzellenten Orchester Concerto Köln der
neuen kritischen Edit ion des Werks aus dem Carus-Verlag.