Als der US-Schriftsteller James Baldwin im Dezember 1987 starb hinterließ er ein 30-seitiges
Manuskript mit dem Titel Remember This House. Das Buch sollte eine persönliche
Auseinandersetzung mit den Biografien dreier enger Freunde werden die alle bei Attentaten
ermordet wurden: Martin Luther King Malcolm X und Medgar Evers. Die persönlichen Erinnerungen
an die drei großen Bürgerrechtler verknüpft Baldwin mit einer Reflektion der eigenen
schmerzhaften Lebenserfahrung als Schwarzer in den USA. I AM NOT YOUR NEGRO schreibt Baldwins
furioses Fragment im Geiste des Autors filmisch fort und verdichtet es zu einer beißenden
Analyse der Repräsentation von Afro-Amerikanern in der US-Kulturgeschichte. Baldwins Worte
ertönen über Archivfotos Filmausschnitte und Nachrichten-Clips der 1950er und 60er Jahre die
noch von Rassentrennung und einer beinah vollkommenen Unsichtbarkeit der Schwarzen in
Hollywoods geprägt waren sie erzählen von der Formierung der schwarzen Bürgerrechtsbewegungen
und Baldwins kompliziertem Verhältnis zum Black-Power-Movement. In einer kühnen Erweiterung des
literarischen Texts spannt der Film den Bogen bis in die Jetztzeit: zur noch heute
gegenwärtigen weißen Polizeigewalt gegen Schwarze den Rassenunruhen von Ferguson und Dallas
und der Black-Lives-Matter-Bewegung. In einem hochpolitischen Prozess der Aneignung schreibt I
AM NOT YOUR NEGRO damit die US-Geschichte aus einer bis heute unterdrückten Perspektive neu.
Der aus Haiti stammende Regisseur Raoul Peck (LUMUMBA 1992 2000 DER MANN AUF DEM QUAI 1993
DER JUNGE KARL MARX 2017) wurde für seinen mitreißenden Dokumentarfilm-Essay auf der
diesjährigen Berlinale mit stehenden Ovationen gefeiert und mit dem Panorama-Publikums-Preis
ausgezeichnet. Der Film war zudem für den Oscar als Bester Dokumentarfilm nominiert.