Es ist bedauerlich dass Bibers Violinsonaten von 1681 nach wie vor im Schatten seiner ungleich
bekannteren Rosenkranzsonaten stehen und obwohl sie ohne Zweifel besondere Preziosen des
barocken Violinrepertoires sind offenbar deutlich weniger Aufmerksamkeit bei Interpreten und
Musikliebhabern finden. Die spieltechnischen Anforderungen der acht Sonaten waren nämlich bei
ihrem Erscheinen neuartig um nicht zu sagen sensationell da in ihrer Virtuosität völlig
ungehemmt. Aber auch hinsichtlich Fantasie und Originalität übertraf Biber hier alle Vorbilder
die er bis dato gekannt und studiert haben dürfte (z.B. die Sonaten von Pandolfi Mealli
Schmelzer oder Muffat). Sein unerschöpflicher Einfallsreichtum manifestiert sich hier durch
eine bisweilen bis an die Grenze des Bizarren reichende Unberechenbarkeit mit reizvollen
Überraschungsmomenten sowie einem ausgeprägten Hang zum Improvisat orischen ganz im Sinne des
sogenannten Stylus Phantasticus. All das fordert den Interpreten nicht rein manuell sondern
auch gestalterisch ganz außerordentlich. Werden Bibers Sonaten allerdings von einer Könnerin
wie der spanischen Barockgeigerin Lina Tur Bonet gespielt so können sie ihr volles Potenzial
entfalten und klingen auch heute noch unverbraucht frisch. Von den acht Sonaten hat sie für die
Einspielung mit ihrem Ensemble Musica Alchemica vier ausgewählt und mit einer Partia für zwei
Viole d'amore aus Harmonia artificioso ariosa (1696) ergänzt. Die ausgewiesene Spezialistin für
virtuose Violinmusik des Frühbarock hat bereits mehrere CDs auf PAN CLASSICS eingespielt: Von
Kritik und Publikum gleichermaßen gefeiert wurde etwa ihre Einspielung von Bibers
Rosenkranzsonaten und für ihre CD La Bellezza erhielt sie in Frankreich einen Diapason d'or.
Diese CD ist nun ihr grandioses Debüt bei GLOSSA.