René Schickele gehört zu jener Generation von Autoren die zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre
ersten Werke publizierten und in der Folge das literarische Leben in Deutschland bis 1933
prägten. Als Expressionist der ersten Stunde dann als Herausgeber der Zeitschrift «Die weissen
Blätter» und schließlich als prominenter Romancier in den 1920er Jahren stand er mit allen
bedeutenden Kollegen seiner Zeit in Kontakt darunter die Brüder Heinrich und Thomas Mann
Robert Musil Stefan Zweig Lion Freuchtwanger Joseph Roth Hermann Hesse Robert Walser und
viele andere. Seine Stellung war dennnoch eine besondere: Denn er stammte aus dem Elsass war
zweisprachig aufgewachsen und sah in der gegenseitigen Befruchtung der französischen und
deutschen Lebens- und Denkart seine Mission. Dieses «geistige Elsässertum» wie er es nannte
war eine europäische Idee die die Engstirnigkeit der nationalen Konzepte überwinden sollte -
zur Sicherung des Friedens und zur geistigen Bereicherung aller. Seine Frankophilie war vor dem
1. Weltkrieg als Deutschland in Frankreich den «Erbfeind» sah eine kühne politische Utopie
die ihn des Defaitismus verdächtig machte. So war es nicht unverfänglich als Schickele 1910
seinen kleinen Roman «Meine Freundin Lo» veröffentlichte und ihn im Untertitel als «Geschichte
aus Paris» deklarierte. Der Text ist aus der Optik eines jungen Journalisten erzählt der - wie
es bei Schickele selbst der Fall gewesen war - nach Paris kommt um über die französische
Innenpolitik und das Pariser Kulturleben zu berichten. Über seinen Freund den Dichter Variot
lernt er dessen Geliebte Lo kennen eine Schauspielerin am «Grand Guignol». Sie ist das
Zentralgestirn eines Bohème-Kreises zu dem auch ein Theaterdirektor und ein aufstrebender
Abgeordneter der Deputiertenkammer zählen. Mit grosser Selbstverständlichkeit lebt Lo ihre
erotische Freiheit und bald ist der Ich-Erzähler ihr Geliebter. Es folgt ein Sommer des Glücks
in einem Landhaus vor den Toren von Paris - eine Schule des französischen «Savoir vivre»:
Genuss der Gegenwart Geselligkeit intellektueller Austausch. Am Ende des Sommers aber geht Lo
zum Abgeordneten Cumin über und der junge Journalist erfährt dass eine grosse Liebe keine
kleinliche Eifersucht kennen kann.